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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Die Verwerfungen der US-Präsidentschaftswahlen

Frage:

Die diesjährigen US-Präsidentschaftswahlen waren von heftigen Kontroversen zwischen Präsident Trump und seinem demokratischen Kontrahenten Joe Biden begleitet. Biden ging laut Medienberichten als Sieger hervor, während Trump sich weigert, die Wahlergebnisse anzuerkennen. Entspannt sich die Lage nach Bidens Sieg? Wird der Machtwechsel in Washington reibungslos über die Bühne laufen? Oder werden die Dinge weitreichendere und gefährlichere Folgen für die Innen- und Außenpolitik haben?

Antwort:

Fast alle sind sich diesmal darüber einig, dass diese Präsidentschaftswahlen bisher einmalig sind. Denn sie waren von starken Spannungen geprägt. Den Worten Trumps nach, sei seine Wahlniederlage nur durch Wahlbetrug möglich. Das behauptete er bereits Monate vor den Wahlen. Sein verbissenes Festhalten am Präsidentenamt war nicht zu übersehen, sodass Politiker in Washington schon die Möglichkeit prüften, wie mit Trump umzugehen sei, sollte er sich weigern, das Weiße Haus zu verlassen! Es ist daher wichtig, die Umstände vor und nach den Wahlen genauer zu beleuchten. Und die sehen folgendermaßen aus:

Erstens: Direkt nach der Amtseinführung am 20.01.2017, begann Trump sowohl nach innen als auch nach außen mit einem auffallend provokanten Stil zu agieren:

1. Was den inneren Bereich betrifft, so scherten Trump die Widersacher in den eigenen Reihen nicht. Ein Wechsel innerhalb seines Verwaltungsstabs in Form von Rücktritten oder Entlassungen war das hervorstechende Merkmal seiner Administration. Im Laufe seiner vierjährigen Amtszeit wechselten mehr als einmal Minister und Verantwortliche seines Regierungsstabs. Diese Mentalität hat er bis zum heutigen Tag beibehalten. So hat er seinen Verteidigungsminister Mark Esper noch am 09.11.2020, also kurz nach der Erklärung Joe Bidens zum Wahlsieger, entlassen. In der Sache um den rassistischen Umgang der US-Polizei mit Afroamerikanern und die daraus folgenden massiven Proteste, schlug Trump alle Forderungen in den Wind, Druck auf die Polizei auszuüben bzw. deren Budget zu kürzen. In seinen Äußerungen schwang stets ein unterschwelliger und oftmals unverblümter rassistischer Ton mit. Darüber hinaus sorgte er für massive Steuererleichterungen für Unternehmen und rechtfertigte es mit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze!

2. Im außenpolitischen Bereich hat er gegen China einen Wirtschaftskrieg entfacht und eine neue Ära des US-amerikanischen Wirtschaftsprotektionismus eingeläutet. Er trat aus internationalen Verträgen wie dem Pariser Klimaabkommen und dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA aus und zog sich aus zahlreichen internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO, zurück. Er verleugnete auch seine europäischen Verbündeten und stellte sich offen auf die Seite der Briten, um sie bei ihrem Austritt aus der Europäischen Union zu unterstützen und stellte ihnen ein umfangreiches Handelsabkommen in Aussicht. Ebenso attackierte er die Mitgliedstaaten der NATO und verlangte von ihnen, ihre Ausgaben zu erhöhen. Mit den Vasallen und Getreuen der USA in der islamischen Welt ging Trump höchst verächtlich um.

Zweitens: Wie es in den USA zur Spaltung kam:

Als die Trump-Administration damit begann, politisch einschneidende Wendungen vorzunehmen, sind im Laufe der vierjährigen Amtszeit Trumps die Symptome vieler Krankheiten in Amerika deutlich zutage getreten:

1. Seit seinem Wahlkampf 2016 offenbarte Trump rassistische Tendenzen, die schnell für leidenschaftlichen Widerhall in großen Teilen der Bevölkerung sorgten. So sind Gruppen, die die Idee der Überlegenheit der weißen Rasse vertreten, an die Oberfläche gespült worden, die zwar schon vor der Trump-Ära existierten, doch unter seiner Amtszeit wachsen und gedeihen konnten. „Weiße“ Polizisten töteten schwarze Männer; die Vereinigten Staaten spalteten sich in Weiß und Schwarz. Die „Black Lives Matter“-Initiative entwickelte sich zu einer politischen Bewegung, die protestierte, mobilisierte, Forderungen aufstellte und zu Gleichheit aufrief. Im Gegenzug formierten sich militante Gruppen bewaffneter Weißer, die organisierter auftraten und sich dafür rüsteten, die Stabilität des Landes zu erschüttern.

2. Die Trump-Regierung trat ihren europäischen Verbündeten gegenüber respektlos auf, bis selbst sein Verteidigungsminister Mattis seinen Rücktritt einreichte und in seinem Rücktrittsbrief schrieb: „Die Verbündeten müssen mit Respekt behandelt werden.“ (Al-Yaum al-Sabi´, 21.12.2018)

3. Vom Beginn seiner Amtsübernahme im Jahr 2017 an, setzte sich Präsident Trump für eine protektionistische Wirtschaftspolitik ein. Gemeint waren der Schutz der US-Wirtschaft vor chinesischen und europäischen Produkten, die laut Trump sein Land überschwemmen würden, und das Stoppen der anhaltenden Schließungsserie von Fabriken, die im Zuge des internationalen Freihandels nicht mehr konkurrenzfähig sind. Trump schaute immer nur mit einem Auge hin und erkannte mit dem zweiten Auge nicht, dass er sich damit hochaggressive Feinde im Inneren schuf. So zählten die Technologie-Konzerne zu seinen schärfsten Widersachern, die sich ihm mit aller Kraft entgegenstellten und ihre Mitarbeiter zu zahlreichen Fragen protestieren ließen. Die Waffe, die sie gegen Trump einsetzten, waren geleakte Nachrichten mit kompromittierendem Inhalt. Der Grund ist, dass Globalität die Arbeitsnatur dieser Unternehmen darstellt. Daher wollen sie weder eingeschränkt werden noch sich von anderen Staaten in Reaktion auf Trumps Politik, Beschränkungen auferlegen lassen. Und als China zu drohen begann, diesen Konzerne, die ja gerade nach dem riesigen chinesischen Markt gieren, Restriktionen aufzuerlegen und Frankreich die Zahlung einer Digitalsteuer auf deren französische Werbeeinnahmen verlangte, waren sie umso entschlossener, Präsident Trump loszuwerden. Sie bildeten den Eckpfeiler der Anti-Trump-Kampagnen und den Kern des Pro-Biden-Wahlkampfs.

4. Während die ganze Welt von öffentlicher Gesundheit sprach, von Prävention und vom Schutz der Menschen vor dem Virus, fokussierte Trump in seiner Rede gemäß seiner kapitalistischen Sichtweise auf das Medikament, den Impfstoff, den kommerziellen Vorsprung, der sich dabei ergibt, und die unermesslichen Gewinne, die demjenigen garantiert seien, der das Medikament produziert und die Patentrechte in Händen hält. Er trat als jemand auf, dem es an jeglichem Verantwortungsgefühl für die Betreuung seiner Bürger fehlte. Zudem war er im Kampf gegen das Virus gegen einen Shutdown im Land. Sein Vorwand war stets die Wirtschaft. Daraufhin entbrannte eine mit scharfen Worten ausgetragene Propagandaschlacht zwischen den Führern der Demokraten in den Bundesstaaten und Präsident Trump um den Shutdown. Trump war auf Seiten der Öl-Konzerne, der Produktionsindustrie und des Einzelhandels, die die Wirtschaft weiter in Betrieb lassen wollten. Andere, darunter die Führer der Demokratischen Partei, haben sich aus ihrer oppositionellen Haltung heraus bei den Befürwortern eines Shutdowns eingereiht, aus Furcht vor der Verbreitung des Virus, so ihr Vorwand. Doch hinter der Forderung nach einem Lockdown der Wirtschaft und hinter den Trump-Gegnern steckten Akteure, die sich nicht offen zeigten: Die Technologiekonzerne und die Unternehmen für Künstliche Intelligenz. Diese Firmen wachsen kontinuierlich an, und zwar in einer derart gigantischen Weise, die es bisher in der Geschichte der Wirtschaft nicht gegeben hat. Als die Pandemie losging und die Menschen auf der ganzen Welt zu Hause vor dem Display saßen, während sie ihre sonstigen Ausgaben herunterschraubten wurden, führte das zu einem unvorstellbaren Kapitalwachstum bei den Technologieunternehmen. Die Gewinne und Marktanteile der E-Commerce-Unternehmen – das bekannteste unter ihnen ist „Amazon“ – kletterten sprunghaft auf ein Niveau, das niemand vorausgesehen hatte. Einer von ihnen, nämlich der Amazon-Gründer, fuhr aufgrund des gestiegenen Marktwertes seines Unternehmens sechs Milliarden Dollar Gewinn binnen 24 Stunden ein. Die US-amerikanischen Technologie-Riesen gaben die Notierung gewaltiger Gewinne im Wert von insgesamt 38 Milliarden US-Dollar im dritten Quartal des laufenden Jahres an.(BBC, 30.10.2020) Diese astronomischen Gewinne, die die Technologie-Riesen Amazon, Apple, die Google-Holding Alphabet, Facebook und die Elon Musk-Unternehmen erreichen, heizten wiederum den Groll jener Konzerne an, die gerade wegen des Corona-Virus hohe Verluste machten. Dazu zählen die Energie- und Ölindustrie sowie die Touristikbranche, in die der US-Präsident selbst investierte, angefangen bei seinem New Yorker Tower bis hin zu seiner Ferienanlage in Florida. Und auch in den Sportsektor Großbritanniens, der ebenfalls Corona bedingt leidet, hat Trump investiert.

Drittens: Die US-Wahlen und der Betrug

1. Die US-Wahl 2020 verlief anders als zurückliegende Wahlen. Die Bekanntgabe des Wahlsiegers verzögerte sich um fast eine Woche. Das lag daran, dass die Auszählung der Stimmen, die per Briefwahl abgegeben wurden, länger dauerte. Diese Form der Wahl wird mehrheitlich von Demokraten genutzt. Trump war schon Monate vor dem Wahltermin gegen eine Abstimmung per Post, da es seiner Meinung nach Fälschungen Vorschub leiste. Seine Anhänger bat er daher, persönlich ihre Stimme abzugeben. Die Demokraten hingegen riefen zu einer Ausweitung der Briefwahl auf und der Beseitigung aller rechtlichen Barrieren für eine solche Art der Abstimmung - was eher eine Verschlagenheit war als ein Betrug!

2. Die Verschlagenheit ergibt sich hier aus dem Umstand, dass nicht alle Anhän­ger der Demokratischen Partei an der normalen Abstimmung im Wahllokal teilnehmen, wodurch die Partei Stimmen verliert. Und als die Corona-Pandemie ausbrach, hätten die Demokraten ohne die Option der Briefwahl viele Stimmen verlieren können. Dieses Problem hat Trump wiederum nicht, da seine Anhän­ger ihn mit fester, ja fast ideologischer Entschlossenheit wählen. Sie bleiben den Wahlurnen nicht fern. Daher stellte die Bestätigung einer Ausweitung der Briefwahl unter dem Corona-Vorwand den größten Segen für die Demokratische Partei dar. Und tatsächlich tendierten die Ergebnisse des ersten Tages noch eindeutig in Richtung Trump. Doch nachdem die Swing-States mit der Auszählung der Briefwahlstimmen begannen, ging die Wahlkurve in Richtung des Demokraten Biden. Ein solches Ergebnis wurde wohl erwartet, denn in Philadelphia, der Hauptstadt Pennsylvanias, feierten vor dem Hauptzählzentrum bereits die Anhänger Bidens, obwohl Trump noch einen Vorsprung von hunderttausend Stimmen vor Biden hatte. Der Grund war, dass sie vorausgesehen hatten, dass die noch ausstehenden Briefwahlstimmen die Wende zugunsten Bidens herbeiführen würden, was auch eintraf. Die US-Medien meldeten daraufhin den Sieg Bidens in diesem Swing-State, womit er sich zum Wahlgewinner proklamieren konnte. Denn die Stimmen in Pennsylvania sicherten ihm die erforderlichen 270 Stimmen der Wahlleute.

Viertens: Wohin führen die Dinge heute:

1. Fast täglich meldet sich der überlegene Kandidat Joe Biden mit Verlautbarungen zu Wort, die seinen Wahlsieg unterstreichen, wie seine Erklärungen zu den gesundheitlichen Vorkehrungen bezüglich des Corona-Virus und die Einrichtung einer Flugverbotszone über seinem Haus, d. h. über der Wohnstätte des gewählten Präsidenten. Er erhält Gratulationswünsche sowohl von lokaler als auch von internationaler Seite und kontaktiert in seiner Eigenschaft als gewählter künftiger Präsident der Vereinigten Staaten die führenden Politiker der Welt. Trump erkennt allerdings diesen Sieg nicht an und meint, dass die Wahlprozedur noch über den juristischen Weg in vollem Gange sei, und dass das die Wendung bringen werde. Er behauptet, Biden habe sich zu voreilig zum Sieger erklärt, ohne Beweise vorzulegen, durch legitime Stimmen gewonnen zu haben. Andrew Bates, Wahlkampfsprecher Bidens, deutete an, man würde Trump auch mit Gewalt aus dem Weißen Haus entfernen und bezeichnete ihn als Eindringling!

2. Die heutige Lage in den USA ist extrem brisant. Die deutsche Verteidigungsministerin beschrieb sie als „hochexplosiv“. Einige hatten sogar die Befürchtung, dass militante Gruppen aus der Anhängerschaft Trumps die Wahlzentren stürmen und für Chaos sorgen würden. Das blieb im Großen und Ganzen aus, wenngleich es in einigen Bundesstaaten vereinzelt sichtbar wurde. Es scheint, dass ein solches Szenario verschoben wurde, solange der amtierende Präsident über den Weg der Gerichte und mittels politischer Spielchen noch Hoffnung auf eine zweite Amtszeit hat.

Auf der anderen Seite zitierte Aljazeera.net am 10.11.2020 aus der Washington Post, wonach das Weiße Haus der zuständigen US-Bundesbehörde die Anweisung gegeben habe, „die Zusammenarbeit mit dem Übergangsteam des gewählten Präsidenten Joe Biden zu meiden.“ Außerdem weigerte sich die Trump-Administration die Finanzmittel freizugeben, die nach US-Recht dem künftigen Präsidenten für Mitarbeiterbüros und andere Ausgaben zustehen. Trump erklärte am 10.11.2020 in einem Tweet: „Die Wahlergebnisse werden erst nächste Woche veröffentlicht, und wir werden gewinnen.“ Sein Außenminister Pompeo sprach von einer zweiten Amtszeit für Trump, worauf ein republikanischer Senator erwiderte, dass dies eine sehr gefährliche Aussage von einem Regierungsverantwortlichen sei.

Als Folge daraus erleben die USA heute eine echte Krise, die die Stabilität und die territoriale Integrität des Landes gefährdet und die sich vielleicht zu einer ernsthaften Bedrohung entwickeln kann. Den Staaten an der Westküste, insbesondere Kalifornien, die seit Langem schon demokratisch dominierte Staaten sind und in denen sich die Zentralen der Technologie-Konzerne befinden, wird es nicht möglich sein, sich nicht mit einer zweiten Amtszeit Trumps abzufinden. Republikanische Staaten wie Texas im Süden wiederum, die das republikanische Pendant zu Kalifornien bilden und wo sich die großen Öl- und Energiekonzerne befinden, können ihrerseits nicht den Sieg des gewählten Präsidenten Biden hinnehmen, der damit droht, unmittelbar nach seiner Amtsübernahme ein Dekret zur Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Pariser Klimaabkommen zu unterzeichnen. Trump hingegen droht damit, bei Erlangung einer zweiten Amtszeit, keinerlei Toleranz gegenüber den Tech-Unternehmen zu zeigen, die ihn stark herabgewürdigt und seine Tweets gelöscht haben!

Fünftens: Fazit ist, dass die Vorgänge in den Vereinigten Staaten es wert sind, sie einer tiefen Betrachtung und einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen:

1) Die Demokratie, derer sich die USA rühmen, wird heute öffentlich unter juristischen und rechtlichen Vorwänden demontiert, um den Grad der Abscheulichkeit dessen abzumildern, was Trump zur Aufrechterhaltung seiner Macht veranstaltet. In Amerika sind alle Optionen offen, einschließlich Vergeltungsaktionen. Der künftige US-Präsident könnte der gewählte Kandidat Biden sein. Ebenso könnte es auch der Wahlverlierer und amtierende Präsident Trump sein und seinen Posten für eine zweite Amtsperiode behalten. Wer auch immer es sein wird, er wird sich an der gegnerischen Partei rächen, was einem „Knochenbrechen“ näherkommen wird als einem bloßen „Armverdrehen“. Daher stehen die Vereinigten Staaten vor chaotischen Zuständen und einem Hineindriften in interne Sorgen und Probleme. Ein Szenario in Richtung einem Zerfall Amerikas, in welchem Texas ein Zentrum Trumps, der Republikaner und der unterstützenden Konzerne sein könnte, und Kalifornien ein Zentrum Bidens, der Demokraten und der hinter ihnen stehenden Tech-Unternehmen, ist nicht ausgeschlossen. Und das bezieht sich nicht nur auf die noch verbleibenden zwei Amtsmonate Trumps, sondern auch darüber hinaus.

2) Die Mängel des kapitalistisch-demokratischen Systems sind ihm inhärent. Wer das mit scharfem und bewusstem Blick untersucht, wird zu dieser eindeutigen Erkenntnis kommen. Denn der hervorstechendste Wert im kapitalistisch-demokratischen System heißt Nutzen, d. h. materielles Interesse. Und dieses wird, direkt oder indirekt, vom Präsidenten gemäß seinen Befugnissen und entsprechend des Einflusses seiner Partei in den Parlamenten entschieden. Und daher unterscheiden sich Entscheidungen, die den Grad und die Art des Nutzens bestimmen, von einem Präsidenten zum anderen. So können sie für den einen Präsidenten den Nutzen wunschgemäß erfüllen, sodass er eine positive Entscheidung dazu erlässt. Den Wünschen eines anderen Präsidenten – vor ihm oder nach ihm – können sie aber entgegenstehen, sogar als schädlich erachtet werden, sodass er sie verbietet oder aufhebt. Und jeder von beiden versichert, das kapitalistisch-demokratische System anzuwenden und sich an die menschengemachte, positivistische Verfassung zu halten. Im Grunde aber folgt jeder seinen Neigungen!

So hat beispielsweise Trump als neuer Präsident direkt nach Übernahme seines Amtes am 20.01.2017 damit begonnen, radikal niederzureißen, was die Obama-Administration aufgebaut hatte. Er schaffte die Krankenversicherung „Obamacare“ ab, stieg aus der Pariser Klimavereinbarung aus, was im Interesse der Energie- und Ölkonzerne lag, und blockte alle Rufe nach Verschärfung der Waffengesetze in Amerika ab. Den US-Technologie-Unternehmen versuchte er zahlreiche Beschränkungen aufzuerlegen, wie etwa die Online-Zensur, und sie dazu zu bewegen, sich aus China zurückzuziehen, und vieles mehr. In all dem widersprach er seinem Vorgänger Obama und seinem Konkurrenten Biden, der genau das Gegenteil dessen erklärt. So unterstützt er eine Krankenversicherung und versucht, den Waffenbesitz gesetzlich zu regeln. Biden kündigte für den Fall seiner Regierungsübernahme eine ideologisch geführte Politik seiner Partei und seines Landes an. So will er zur Klimaschutzpolitik zurückkehren, d. h. zu einer Politik, die den Interessen der Öl-Konzerne zuwiderläuft. Mehr noch, will er ihnen zusätzliche Steuern auferlegen, also jene Steuern, die Trump gesenkt hatte. All das wird ihn und die hinter ihm stehenden Technologie-Konzerne in einen erbitterten Konflikt mit den Energie- und Ölkonzernen ebenso wie mit der Waffenindustrie hineinmanövrieren. Diese sollen nach Bidens Plänen den Großteil des Staatshaushalts tragen. Zu erwähnen ist, dass sich die größten US-Erdölunternehmen in Texas befinden, während die führenden Technologie-Konzerne im kalifornischen Silicon Valley konzentriert sind, was sich in der jeweiligen Sicht der beiden Parteien – Demokraten und Republikaner - auf Texas und Kalifornien widerspiegelt!

Und so kollidieren die Interessen der Kapitalisten miteinander, d. h. die Interessen der Eigentürmer der Tech-Konzerne, die Öffnung und Globalität begehren, mit denen der Ölkonzerne sowie der Industrie und Agrarunternehmen, die vor der chinesischen Konkurrenz geschützt werden wollen, damit der Fluss ihrer klaffenden Verluste ein Ende nimmt. Die Präsidenten und ihre Mitarbeiter unterstützen die einen Unternehmen oder die anderen - je nach Maß an Nutzen, das sie als Erfüllung ihrer Interessen ansehen, selbst wenn ihre Konkurrenten dies als schädlich erachten! Und jede der beiden Seiten, die eine, die es als schädlich ansieht, und die andere, die es als nützlich erachtet, behauptet gleichermaßen, das kapitalistische System umzusetzen. Dieses System ist schon dadurch übel genug, dass es die beiden Gegensätze (Nutzen und Schaden) in sich vereint, entsprechend den Wünschen derjenigen, die das System zur Anwendung bringen!

3. Warum diese Mängel in den Vereinigten Staaten auf so eklatante Weise gerade unter diesen beiden Rivalen - Trump und Biden - zu Tage treten, ist auf drei Gründe zurückführen:

Erstens: Jeder der beiden Kontrahenten, sowohl der Unterlegene als auch der Gewinner, hat eine breite Anhängerschaft hinter sich, die ihn unterstützt und von ihm profitiert. Denn Nutzen ist der höchste Wert im Kapitalismus. Gleichzeitig aber gilt: Wenn der Gegner Präsident wird, dann wird es anstelle des Nutzens zu einem Genickbruch kommen, mit allen damit einhergehenden Folgen.

Zweitens: Die herrschenden Systeme auf der Welt sind durchwegs kapitalistisch und noch schlimmer als das amerikanische. Daher fällt jeder Vergleich, den der amerikanische Bürger anstellt, so aus, dass die Mängel in seinem Land kleiner wirken als die Mängel anderer Systeme. Und so nimmt er die Missstände seines Landes als das kleinere Übel hin!

Drittens: Es gibt kein korrektes System, dass sich Amerika und dem kapitalistischen System so in den Weg stellen könnte, dass den Menschen vor Augen geführt wird, was die Wahrheit im Gegensatz zu ihrem falschen System ist. Würde das System des Islam auf Erden umgesetzt werden, das die Welt mit Wohl und Segen, Gerechtigkeit und Gewissheit erfüllt, so würde das Vertrauen der Menschen in das kapitalistische System erschüttert werden und sie würden sich nach dem Guten des Kalifatsstaates sehnen, dem Staat des Islam, dem Staat von Lā ilāha illā Allāh Muammad Rasūl Allāh.

Schließlich sagen wir: Wenn die Falschheit - al-bāṭil - eine Runde gewinnt, so hat die Wahrheit - al-aqq - unzählige Runden des Sieges vor sich, zumal die Umma mit Hizb-ut-Tahrir eine Partei hat, die sich Tag und Nacht einsetzt, bis das Licht des Kalifats von Neuem aufgeht und die Throne der Tyrannen in Ost und West zusammenstürzen. Und Allah, der Allmächtige, spricht die Wahrheit, wenn Er sagt:

(وَتِلْكَ الْأَيَّامُ نُدَاوِلُهَا بَيْنَ النَّاسِ وَلِيَعْلَمَ اللَّهُ الَّذِينَ آمَنُوا وَيَتَّخِذَ مِنْكُمْ شُهَدَاءَ وَاللَّهُ لَا يُحِبُّ الظَّالِمِينَ * وَلِيُمَحِّصَ اللَّهُ الَّذِينَ آمَنُوا وَيَمْحَقَ الْكَافِرِينَ)

Und jene Tage lassen wir kreisen unter den Menschen - auf dass Allah die Gläubigen kenne und Sich aus euren Reihen Märtyrer nehme, und Allah liebt die Ungerechten nicht. Auf dass Allah auch die Gläubigen läutern und die Ungläubigen endgültig vernichten möge. (3:140-141)

05. Rabīʿ al-Āḫir 1442 n. H.
20.11.2020 n. Chr.
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