Montag, 23 Jumada al-awwal 1446 | 25/11/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Die jüngsten Entwicklungen im Irak
und al-Kadhimis Rolle im Dienste Amerikas

Frage:

Wie bekannt wurde, sprach das irakische Parlament, das als mehrheitlich proiranisch gilt, Mustafa al-Kadhimi das Vertrauen aus. Und das, obwohl er von Seiten Iran-treuer Parteien und ihrer Gefolgsmänner im Land bezichtigt wurde, bei der Tötung Qassem Soleimanis mit den USA kollaboriert zu haben. Mancher Gefolgsmann des Iran wirft ihm direkt vor, ein Mann Amerikas zu sein. Bedeutet dies, dass al-Kadhimi so weit von den USA gestützt wird, dass ihm die Einmischungen des Iran und seiner Gehilfen im Irak egal sein können? Betrachten die USA den Irak noch immer als eines ihrer Schwerpunktgebiete und al-Kadhimi als ihren Erfüllungsgehilfen bei der Bewahrung ihres Einflusses in diesem gewichtigen Land? Ğazāk Allāhu ḫairan

Antwort:

Damit die Antwort auf die gestellten Fragen deutlich wird, wollen wir folgende Punkte ausführen:

1. Die USA messen dem Irak eine hohe Bedeutung bei. So hat US-Präsident Trump unlängst geäußert: „Der Irak ist ein starkes und wichtiges Land. Er spielt eine zentrale Rolle in der Region und bei der Realisierung regionaler und globaler Stabilität.“ Er hob hervor, dass die Vereinigten Staaten „auf die Stärkung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern erpicht sind“ und unterstrich die „Bereitschaft seines Landes, notwendige ökonomische Hilfen zur Unterstützung der irakischen Wirtschaft zu leisten.“ (Independent, 11.05.2020) Daher legten die USA ihren ganzen Fokus auf das Land, entsandten ein riesiges Heer aus 250.000 Soldaten dorthin, um es zu besetzen und stellten eine Koalition aus 49 Staaten zusammen, die sich mit ca. 50.000 Soldaten daran beteiligten. Daneben gibt es eine Reihe von Sicherheitsfirmen mit miserablem Ruf, wie das US-Unternehmen Blackwater mit Sitz in North Carolina. Dieses ist für die besonders schmutzigen Missionen zuständig, wie das Liquidieren, Töten und Stehlen sowie für den Schutz amerikanischer Beamter, der US-Quartiere und Delegationen. Darüber hinaus haben die USA dauerhafte militärische Stützpunkte errichtet. Dazu gehören derzeit drei Basen: Die Al Asad-Militärbasis in der Provinz al-Anbar, die Balad Airbase in der Provinz Salah al-Din und die al-Taji-Militärbasis nördlich von Bagdad. Es wurde ein strategisches Rahmenabkommen erarbeitet, das von den USA und dem Irak am 17.11.2008 veröffentlicht wurde. In dem Abkommen heißt es unter anderem: (… Die USA und der Irak …) bestätigen den aufrichtigen Wunsch ihrer beiden Länder, ein langfristiges Verhältnis der Freundschaft und der Kooperation aufzubauen (…) und unterstreichen dieses langfristige Verhältnis in den Bereichen Wirtschaft, Diplomatie, Kultur und Sicherheit (…) Diese Vereinbarung bleibt in Kraft, es sei denn, eine der beiden Parteien teilt der anderen Partei schriftlich mit, dass sie beabsichtigt, diese Vereinbarung zu kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Datum der Benachrichtigung wirksam. (…) Und um die Sicherheit und Stabilität im Irak zu verbessern, werden beide Seiten weiter daran arbeiten, die enge Zusammenarbeit in Bezug auf Verteidigungs- und Sicherheitsmaßnahmen noch zu verstärken (…). Dieses im wahrsten Sinne des Wortes kolonialistische Abkommen ermächtigt die USA dazu, sich in die Belange des Irak unter dem Vorwand „einer engen Zusammenarbeit in Bezug auf Verteidigungs- und Sicherheitsmaßnahmen“ einzumischen.

2. Die Massenproteste im Irak richteten sich anfangs gegen Korruption und Vetternwirtschaft sowie gegen die Veruntreuung von Geldern durch Beamte. Sie richteten sich auch gegen die steigende Arbeitslosigkeit, gegen Missstände im öffentlichen Dienst, gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen und gegen Preiserhöhungen, insbesondere des Stroms. Auch in den Städten, die zu den Hochburgen und Stützen des Regimes in der Bevölkerung zählen, gingen die Menschen auf die Straße. Begonnen haben die Proteste 2010, die jedes Jahr von Neuem aufflammten, jedoch immer wieder abebbten, nachdem sie gewaltsam niedergeschlagen oder die Behörden den Demonstranten falsche Versprechungen in der Erfüllung ihrer Forderungen machten. Oder aber politische Kräfte, die mit dem Regime verflochten sind, haben sie vereinnahmt.

Doch bei den jüngsten Massenprotesten, die Anfang Oktober 2019 ausbrachen, war es anders. Denn die Demonstranten weigerten sich diesmal, trotz des harten Vorgehens gegen sie, die Proteste zu beenden. Und sie lehnten die politischen Kräfte ab, die die Proteste vereinnahmen wollte. So verschärfte sich das repressive Vorgehen gegen die Demonstranten, was zu zahlreichen Toten, Verletzten und Verhaftungen führte. Die Proteste richteten sich diesmal auch gegen den Iran. So ließen die Demonstranten ihren ganzen Zorn an dem Land aus und setzten dessen Konsulate und Einrichtungen in Brand, da sich ihnen die proiranischen Gruppierungen im Irak entgegenstellten und weil sie sahen, wie sehr das Regime, die politischen Blöcke und die bewaffneten Milizen mit dem Iran verbandelt sind und gleichzeitig auch direkt oder indirekt mit den USA. Die Dynamik der Proteste war beträchtlich. Das Regime und der irakische Premierminister Adel Abdul Mahdi erwiesen sich als unfähig, die Lage in den Griff zu bekommen und den Forderungen der Demonstranten, die mittlerweile nach dem Sturz des Regimes riefen, nachzukommen. Schließlich sah sich Abdul Mahdi am 30.11.2019 genötigt, seinen Rücktritt einzureichen, um das Regime zu retten. Das irakische Parlament nahm sein Rücktrittsgesuch am darauffolgenden Tag an und Abdul Mahdi blieb nur noch geschäftsführender Regierungschef. Präsident Barham Salih war gezwungen, sich über die Verfassung hinwegzusetzen, indem er es am 26.12.2019 ablehnte, Asaad al-Aidani, den vom stärksten Parlamentsblock „Al-Bina“ vorgeschlagenen Kandidaten, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Der Grund war, dass die Demonstranten diesen Kandidaten aufgrund seiner Rolle, die er als Gouverneur der Provinz Basra beim Versuch der brutalen Niederschlagung der Proteste spielte, nicht akzeptierten. Diese Demonstrationen waren daher wirkungsvoller als vorangegangene Proteste.

3. Während dieser Zeit feuerten Milizen, die unter dem sogenannten al-Hashd al-Shaabi („Volksmobilmachung“) zusammengeschlossen sind, am 28.12.2019 ohne Anlass, Raketen auf einen US-Stützpunkt nahe der Stadt Kirkuk ab und töteten einen US-Bürger, der auf der Anlage arbeitete. Offensichtlich geschah dieser Vorfall willkürlich. Denn der Chef des Hashd al-Shaabi Falih al-Fayyadh hatte noch am 19.10.2019, also etwa zwei Monate davor, Washington besucht und US-Verteidigungsminister Mark Esper in Anwesenheit des Vorsitzenden des Generalstabs der US-Armee, Mark Milley, getroffen. Al-Fayyadh erklärte, man habe das Verhältnis zwischen den beiden Ländern diskutiert, besonders im Bereich militärischer Zusammenarbeit. Und danach ein solcher Vorfall, bei dem ein US-Bürger zu Tode kommt! Nach dem Tod des US-Amerikaners beschoss die US-Armee am 29.12.2019 bewaffnete Gruppen der Hizbollah-Brigaden, eine zum Hashd al-Shaabi gehörende Miliz, aus der Luft. Dabei sollen mindestens 27 Angehörige der Brigade getötet und 62 verwundet worden sein. Am 03.01.2020 führte das amerikanische Militär einen Drohnenangriff nahe des Bagdader Flughafens aus, bei dem Qassem Soleimani, Kommandeur der al-Quds-Brigaden, einer Untereinheit der iranischen Revolutionsgarden, der einen starken Einfluss auf den Hashd al-Shaabi hatte, ums Leben kam. Neben Soleimani kamen auch der Vize-Kommandeur des Hashd al-Shaabi, Abu Mahdi al-Muhandis und vier weitere Offiziere der Revolutionsgarden mit den Rängen eines Brigadegenerals, eines Obersts, eines Majors und eines Hauptmanns ums Leben. Die USA und ihr Präsident, der danach trachtet, Punkte zu sammeln, um seine Chancen auf eine zweite Amtszeit zu erhöhen, wollten aus diesen Geschehnissen Kapital schlagen. Doch es scheint, dass diese Ereignisse das Klima gegen die USA angeheizt haben. So verabschiedete das irakische Parlament am 05.01.2019 eine Resolution, die die Präsenz aller ausländischen Streitkräfte im Irak beenden sollte und forderte den Premierminister zur Umsetzung dieses Beschlusses auf. Dem stimmte der geschäftsführende Regierungschef Abdul Mahdi zu. Die Reaktion der USA auf die Entscheidung des irakischen Parlaments kam in Form einer Androhung von Sanktionen gegen den Irak durch Präsident Trump. Wörtlich sagte er: „Die Vereinigten Staaten verlassen den Irak erst, wenn die irakische Regierung die Kosten für den dortigen amerikanischen Militärstützpunkt gezahlt hat.“ Er ergänzte: „Wir haben dort einen Luftwaffenstützenpunkt, der immens teuer ist. Milliarden von Dollar waren nötig, um ihn zu bauen, lange bevor ich kam. Wir werden den Irak nicht verlassen, solange sie die Kosten nicht gezahlt haben. Und wenn der Irak verlangt, dass unsere amerikanischen Truppen gehen, und dies nicht auf freundschaftliche Weise geschieht, werden wir Sanktionen gegen ihn verhängen, die er noch nie zuvor erlebt hat. Daneben werden die Sanktionen gegen den Iran eine kleine Sache sein.“ (Sky News, 05.01.2020)

4. Kurz danach gab der Iran bekannt, am 08.01.2020 um genau 1.20 Uhr Teheraner Zeit Raketenangriffe auf amerikanische Stützpunkte im Irak durchgeführt und dabei mindestens 80 Amerikaner getötet zu haben. Das iranische Fernsehen sprach von Vergeltung für Soleimani. Die USA selbst bestätigten zwar den Angriff, bestritten jedoch den Tod irgendeines US-Bürgers. Danach ließ die Dynamik der Ereignisse nach und die Lage entspannte sich ohne weitere Eskalation. Anschließend verkündete Tawfiq Allawi, der frühere Kommunikationsminister der Regierung al-Maliki am 01.02.2020, dass der Präsident der Republik ihn mit der Regierungsbildung beauftragt habe. Doch auch die Nominierung Allawis lehnten die Demonstranten ab, da sie bereits zu verstehen gegeben hatten, jeden Politiker, der seit der amerikanischen Besatzung 2003 Teil des Regimes war, abzulehnen. Und noch bevor er sich mit der Regierungsbildung länger beschäftigt hatte, zog Allawi seine Nominierung zurück. Am 16.03.2020 ernannte der Präsident der Republik schließlich Adnan al-Zurfi zum designierten Premierminister des Irak. Er hatte mehrere Sicherheitsposten im Regime innegehabt und war Gouverneur von Najaf. Doch auch er erklärte am 09.04.2020, außerstande zu sein, eine Regierung zu bilden. Noch am gleichen Tag betraute Barham Salih diesmal den Chef des irakischen Geheimdienstes Mustafa al-Kadhimi mit der Regierungsbildung. Dieser war parteilos, was einen weiteren Verstoß gegen die Verfassung bedeutete. Zu erwähnen ist, dass al-Kadhimi während des Saddam-Regimes der Exilopposition angehörte und nach 2003 in die Stadt Sulaimaniya in den Irak zurückkehrte. Während seiner Arbeit als Chefredakteur für Irak-Angelegenheiten bei der amerikanischen Nachrichtenseite Al-Monitor trat er entschieden dafür ein, dass die irakisch-amerikanischen Beziehungen besonders stark sein müssten. In einem seiner Artikel schrieb er: „Bei Verfolgung der irakisch-amerikanischen Beziehungen nach 2003, zeigt sich, dass, sobald sie schwach und marginal werden, dies einerseits die Tür für den Eintritt weiterer ausländischer Parteien öffnet. Andererseits verursacht dies Verluste für die gemeinsamen amerikanisch-irakischen Interessen in der Region. Daher brauchen der Irak und die Vereinigten Staaten eine Neubewertung ihres Verhältnisses zum Aufbau einer starken strategischen Beziehung, die dazu beiträgt, das Kräftegleichgewicht in der Region wiederherzustellen und die gemeinsamen Interessen beider Seiten zu sichern.“ (Das amerikanische Al-Monitor, 02.10.2015) Al-Kadhimi arbeitet, seitdem er nach 2003 in den Irak zurückgekehrt ist, sowohl offen als auch im Geheimen im Interesse der amerikanischen Sicherheitsapparate und in enger Kooperation mit den amerikanischen Besatzungstruppen. Viele Iraker waren verwundert, als Haidar al-Abadi im Jahr 2016 überraschend al-Kadhimi als Geheimdienstdirektor vorstellte, ein hochsensibles Amt, für das die USA stets eine besonders vertrauenswürdige Person benötigen. 2016 überraschte der Präsident der Republik, Haidar al-Abadi, die Iraker mit der Ernennung einer Person wie Mustafa al-Kadhimi, einem Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, an die Spitze der Geheimdienste. Und das inmitten des Krieges gegen den IS, der über einen gewissen Zeitraum einen Teil des Landes besetzt hatte, bevor es der irakischen Armee mit Unterstützung der Internationalen Koalition gelungen war, den IS zurückzudrängen. (France24, 08.05.2020) Darüber hinaus machten die USA keinen Hehl aus ihrer Beziehung zu al-Kadhimi während seiner Zeit beim Geheimdienst: Ein vom American Wallstreet Journal veröffentlichter Bericht zitierte David Schenker, den stellvertretenden Staatssekretär für Nahostangelegenheiten im US-Außenministerium, wonach al-Kadhimi „einen gute Job“ geleistet habe, als er Geheimdienstchef war. Er begrüße die Zusammenarbeit mit ihm als Premierminister. (Aljazeera.net, übernommen von Wallstreet Journal, 30.05.2020) Kadhimi reiste im Jahr 2017 mit dem ehemaligen Premierminister Haidar Abadi nach Saudi-Arabien, wo man beobachten konnte, wie al-Kadhimi den saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman, mit dem er eng befreundet ist und der sich mit voller Hingabe dem Dienst an den Amerikanern verschrieben hat, mit einer langen Umarmung begrüßte!

5. Am 07.05.2020 sprach das irakische Parlament der Regierung al-Kadhimi mit 255 von 329 Stimmen das Vertrauen aus, obwohl er bezichtigt wurde, bei der Tötung Qassem Soleimanis und al-Muhandis‘ durch die Amerikaner mitgewirkt zu haben. So griff Abu Ali al-Askari, der Sicherheitschef der Miliz „Hizbollah-Brigaden im Irak“ ihn an und „ warf dem Leiter der irakischen Sicherheitsdienste Mustafa al-Kadhimi vor, bei der Tötung des iranischen Kommandanten von Failaq al-Quds Qassem Soleimani und des Vize-Chefs des Hashd al-Shaabi, Abu Mahdi al-Muhandis mitgeholfen zu haben.“ (Al-Hurra, 03.03.2020) In einer ersten Reaktion von proiranischer Seite „attackierte der radikale Geistliche Ali al-Kourani, der der Miliz der libanesischen Hizbollah nahesteht, al-Kadhimi und beschuldigte ihn, amerikanische Agenden umzusetzen.“ (Al-Ain al-Ikhbariya, 15.05.2020) Bei genauem Hinsehen lässt sich jedoch feststellen, dass die Iran-treuen Parteien für al-Kadhimi gestimmt und ihm das Vertrauen ausgesprochen haben, obwohl sie ihm vorwarfen, Agent der USA zu sein und diese bei der Tötung ihrer Leute und der Ermordung Qassem Sulaimanis unterstützt zu haben. Nicht nur das: Al-Kadhimi lehnte alle ihre Forderungen ab ebenso wie das bekannte Proporzsystem. Im Klartext: Er hat diesen Parteien die „Beute“, also Ministerposten, vorenthalten. Das alles deutet darauf hin, dass die USA einen großen Einfluss auf diese Parteien haben, entweder über den direkten Weg oder über den Iran. Der angebliche Konflikt mit dem Iran ist nicht mehr als eine Nebelkerze. Und selbst die Ermordung Soleimanis hat im Iran nicht mehr als einen Sturm im Wasserglas ausgelöst, der schnell wieder nachließ, so, als wenn nichts gewesen wäre, weil der Iran hinter den Kulissen sehr wohl eine Beziehung zu den USA pflegt. Womöglich sind sich die konfessionalistischen Parteien im Irak nicht der Tatsache bewusst, dass ihnen die Ministerposten nicht als Strafe vorenthalten worden sind, sondern um die Welle des Zorns, die die irakischen Straßen erfasst hatte, zu absorbieren, da diese wieder aufgeflammt war, nachdem die Anti-Corona-Maßnahmen im Irak gelockert wurden. Das bedeutet, dass sich die Amerikaner der Loyalität der meisten Parteien gegenüber den USA entweder direkt oder über den Iran gewiss sind. Das Vertrauensvotum, das al-Kadhimi vom Parlament erhielt, veranlasste einige Medien sogar dazu, von einer Vereinbarung bzw. von einem Deal zu sprechen! Ibrahim al-Zubaidi schrieb in der Londoner Zeitung „Al-Arab“: „Einige Bündnisse und politische Strömungen im Irak lehnten al-Kadhimi ab und legten Belege vor, die ihn als Agenten Amerikas brandmarken. Sie werfen ihm zudem vor, die Tötung von Soleimani und Abu Mahdi al-Muhandis organisiert zu haben.“ Weiter schrieb er: „Und wie Sie gesehen haben und sehen können, ließen die politischen Lager im Parlament ihm dies durchgehen, so, als wenn nichts geschehen wäre, sobald die Befehle und Anweisungen aus der Botschaft des Wali al-Faqih in Baghdad oder aus der Botschaft von Onkel Donald Trump kamen. Ist das nicht eine Art absurdes Theater?“ (Londoner Zeitung Al-Arab, 08.05.2020) Und so hat al-Kadhimi trotz der schwerwiegenden Beschuldigungen gegen ihn das Vertrauen erhalten! Hinzu kommt, dass das Image al-Kadhimis noch „aufpoliert“ werden könnte, wenn die Erklärung zum strategischen Dialog zwischen Amerika und dem Irak veröffentlicht wird, den man etwa für Mitte Juni erwartet. Es ist vorgesehen, dass ein strategischer Dialog Mitte kommenden Monats stattfinden wird, um die Bedingungen ihrer künftigen Beziehungen zu bestimmen. (Aljazeera.net, übernommen von Wallstreet Journal, 30.05.2020)

6. In derselben Vertrauenssitzung bezeichnete al-Kadhimi seine Regierung als provisorisch und erklärte, vorgezogene Wahlen anzustreben. Er betonte, eine der Prioritäten seiner Regierung sei die Abhaltung vorgezogener Wahlen, um den rechtmäßigen Forderungen des Volkes gerecht zu werden. In dem Versuch, die Demonstranten und Oppositionellen zu besänftigen, sagte er weiter: „Die Vorbereitungen für faire Wahlen erfordern die Geltendmachung staatlicher Souveränität in allen Bereichen. Dafür gilt in erster Linie, dass sich die Waffen ausschließlich in Händen des Staates und der Streitkräfte befinden und unter dem Befehl des Oberbefehlshabers der Armee stehen. Das Land soll nicht in eine Arena verwandelt werden, wo Rechnungen beglichen werden. Irakisches Territorium soll nicht für Übergriffe auf andere genutzt werden.“ (BBC, 07.05.2020) Das Vertrauen, das al-Kadhimi ausgesprochen wurde, kann als wichtige Errungenschaft für die USA gewertet werden und als erfreuliche Nachricht für sie. Denn sie streben danach, das Regime, das sie im Irak installiert haben, zu stabilisieren, damit es die Festigung der US-Hegemonie im Irak gewährleisten kann und diese legitimiert. Daher hat der amerikanische Außenminister Mike Pompeo unverzüglich mit Mustafa al-Kadhimi telefoniert, um ihm zum Vertrauen zu gratulieren, das ihm als Premierminister vom Parlament ausgesprochen wurde. Auf seinem Twitter-Account schrieb Pompeo am 07.05.2020: „Es war großartig, heute mit dem neuen irakischen Premierminister Mustafa al-Kadhimi zu sprechen. Nun folgt die dringende und ernsthafte Arbeit, um die Reformen umzusetzen, die das irakische Volk fordert.“ Weiter sagte er: „Ich versprach, ihn bei der Umsetzung seiner mutigen Agenda zu unterstützen.“ US-Außenamtssprecherin Morgan Ortagus sagte in einem Statement, die Vereinigten Staaten würden zur Unterstützung der Regierung weiter in den Befreiungsmaßnahmen voranschreiten, die den elektrischen Strom betreffen: „Der Stromimport aus dem Iran für die Dauer von 120 Tagen.“, um damit unseren Wunsch zu bekunden, bei der Gewährleistung der geeigneten Umstände für den Erfolg behilflich zu sein. (KUNA, 07.05.2020) Anschließend sprach auch der US-Präsident persönlich mit al-Kadhimi. In einem Statement betonte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Judd Deere, Präsident Trump habe am Montag, den 11.05.2020 mit al-Kadhimi telefoniert, um ihm zur Bestätigung seiner Regierung durch das irakische Abgeordnetenhaus zu gratulieren. Auch habe der Präsident dem Irak die Unterstützung der Vereinigten Staaten bei der anhaltenden Corona-Pandemie zugesagt. Er unterstrich das gemeinsame Interesse mit dem Irak, den IS dauerhaft zu besiegen. Trump ermutigte den Premierminister ebenfalls, den Forderungen des irakischen Volkes nach Reformen und nach vorgezogenen Wahlen nachzukommen. (Reuters, al-Hurra, 12.05.2020)

7. Zu den ersten Amtshandlungen al-Kadhimis auf seiner ersten Kabinettssitzung am 09.05.2020 gehörte die Wiederernennung Abdul-Wahab al-Saaidis zum Leiter des sogenannten Anti-Terror-Apparates im Irak. Dazu sagte al-Kadhimi in einer Presseerklärung: „Wir haben beschlossen, den Helden, Generalleutnant Abdul-Wahab al-Saaidi, in seiner Position als Leiter des Anti-Terror-Apparates wiedereinzusetzen.“ Die Anti-Terror-Einheiten sind eine Elitetruppe innerhalb der irakischen Armee, die von den amerikanischen Streitkräften mit Waffen ausgestattet und ausgebildet wurden. Sie dienten über einen Zeitraum von drei Jahren (2014-2017) als Speerspitze im Kampf gegen den IS. (die türkische Nachrichtenagentur Anadolu, 09.05.2020) Der Sender al-Arabiya berichtete am 11.05.2020, dass Mustafa al-Kadhimis Entscheidung, Abdul-Wahab al-Saaidi wiedereinzusetzen und ihn zum Chef des Anti-Terror-Apparates zu befördern, auf die Forderungen der Straße zurückzuführen sei. Dieser Apparat zur Terrorismusbekämpfung im Irak ist durch und durch US-treu. Mitte 2017 beschrieb ein amerikanischer Bericht den Anti-Terror-Apparat als das „Beste, was die Vereinigten Staaten im Irak geschaffen hätten“. Dieser Apparat, der Teil der irakischen Armee ist, wurde von den Amerikanern gegründet. Die Auswahl- und Ausbildungskriterien sind laut einem Bericht, den das Washingtoner Institut für Nahostpolitik veröffentlichte, ziemlich streng und entsprechen denen, die zur Rekrutierung amerikanischer Spezialeinheiten angesetzt werden. (Arabi21; 30.09.2019) Laut dieser Quelle war al-Saaidi entgegen der üblichen Norm 2006 vom US-Vasallen al-Maliki zunächst zum Generalleutnant und dann 2008 zum Generalmajor befördert worden, was darauf hinweist, wie wohlgesonnen die Amerikaner gegenüber diesem irakischen Offizier waren. Der Anti-Terror-Apparat erfreut sich einer Beliebtheit im Irak, was auf zwei Gründe zurückzuführen ist, die den Aufständischen auf den irakischen Straßen nicht bewusst sind. Zum einen haben die USA selbst es dem Anti-Terror-Apparat untersagt, auf Demonstranten zu schießen. Die gleiche Strategie haben die USA 2011 auch in Ägypten angewendet, als das ägyptische Militär versprach, nicht gewaltsam gegen die Demonstranten vorzugehen, sodass der Militärrat von den Massen nach der Beseitigung Mubaraks akzeptiert wurde. Das bedeutet, die Amerikaner wollten jemanden mit „weißer Weste“ für den Anti-Terror-Apparat, damit er, falls es zu einem Wechsel kommt, eine mögliche Alternative darstellt. Zum anderen glaubte das irakische Volk, dass al-Saaidi in Opposition zum Regime stehe, weil er als Chef des Anti-Terror-Apparates von al-Mahdi, dem Kopf des Regimes, abgesetzt (versetzt) wurde. Daher wollte es al-Saaidi als Alternative. Ansonsten verhält es sich nämlich so, dass die irakischen Demonstranten den hegemonialen Einfluss sowohl des Iran als auch der USA entschieden ablehnen.

In unserer Veröffentlichung vom 04.12.2020 haben wir einiges davon angedeutet, so führten wir aus:

Zum Irak: Die USA herrschen, hinter den Kulissen, beinahe direkt über den Irak. So liegt die Zahl der Mitarbeiter der US-Botschaft bei sechzehntausend. Sie verfolgen die Arbeit sämtlicher irakischer Ministerien, insbesondere die des Erdöls und des Sicherheitsapparates. Es handelt sich um die größte Botschaft der USA weltweit. Zudem besitzen die Amerikaner zahlreiche Militärstützpunkte im Irak. Der bekannteste davon ist die Ain al-Asad Militärbasis in der Provinz Anbar. In der letzten Woche des vergangenen Monats entsandten die Amerikaner verstärkt Delegationen in den Irak. So traf US-Vize Pence am 23.11.2019 zu einem Überraschungsbesuch auf dem Militärstützpunkt Ain al-Asad ein. Und nicht mal eine Woche später, am 27.11.2019, entsandten sie den Generalstabschef der US-Armee, Mark Milley, in die Hauptstadt Bagdad. Das beweist, dass die USA alles konsequent verfolgen, zumal der Irak für die USA eine sensibles Terrain darstellt. (…) Es war zu beobachten, dass die irakische Anti-Terror-Einheit, der Iraqi Counter-Terrorism Service (ICTS), eine große militärische Kraft, geschaffen von den Amerikaner und ausgestattet mit modernstem militärischem Equipment, sich fernhält von der Politik der brutalen Niederschlagung der Proteste. Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz scheinen diese Einheiten als Retter zu betrachten, die sie von den korrupten Politikern befreien könnten. So hielten sie ein riesiges Bild von General Abdul-Wahhab al-Saaidi hoch, einen der Befehlshaber dieses Dienstes, nachdem al-Mahdi ihn abgesetzt hatte. Diese Anti-Terror-Einheit scheint von den Demonstranten akzeptiert zu sein, sodass ihr eine Rolle bei der Regelung einer Lösung zukommen könnte. (Ende des Zitats)

8. Zusammengefasst: Mustafa al-Kadhimi ist ein folgsamer Gehilfe der USA im Irak

a) Seine Arbeit: Während seiner Tätigkeit als Chefredakteur für die Irak-Angelegenheiten bei der US-Nachrichtenseite Al-Monitor und seines vehementen Eintretens 2015 für entscheidend starke bilaterale Beziehungen zwischen dem Irak und den USA.

b) Seine Ernennung im Jahr 2016 zum Geheimdienstdirektor und die Begrüßung dessen durch die USA, wie die amerikanische Zeitung Wallstreet Journal berichtete, die den stellvertretenden Staatssekretär für Nahostangelegenheiten im US-Außenministerium, David Schenker, mit den Worten zitierte, dass al-Kadhimi als Geheimdienstchef „einen großartige Job“ gemacht habe und er es begrüße, mit ihm als Premierminister zusammenzuarbeiten.

c) Die enge Beziehung zu seinem Freund Muhammad bin Salman, insbesondere als er 2017 zusammen mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Haidar al-Abbadi Saudi-Arabien besuchte und zu sehen war, wie er seinen „persönlichen Freund“, den saudischen Kronprinzen, der mit voller Hingabe den Amerikanern dient, ziemlich lange umarmte.

d) Das Vertrauen, das ihm das Parlament am 07.05.2020 aussprach. Das geschah mit direkter Unterstützung der USA und mit indirekter durch den Iran und aufgrund des Druckes, der auf die Iran-treuen Parteien ausgeübt wurde, obwohl al-Kadhimi beschuldigt wurde, mit den Amerikanern bei der Tötung Soleimanis und al-Muhandis‘ kollaboriert zu haben, und ihm vorgeworfen wird, „amerikanische Agenden“ umzusetzen. Das alles deutet darauf hin, dass die USA aktiven Einfluss auf den Iran haben. Der öffentlichkeitswirksame Konflikt dient nur dem Zweck, den Menschen Sand in die Augen zu streuen!

e) Die Wiederernennung al-Saaidis am 09.05.2020 zum Chef des Anti-Terror-Apparates im Irak, dessen Einheiten von amerikanischen Streitkräften ausgebildet und bewaffnet wurden. Das Washingtoner Institut für Nahostpolitik beschrieb diesen Apparat 2017 - wie oben erwähnt - als „das Beste, was die Vereinigten Staaten im Irak geschaffen hätten“. (Arabi21, 30.09.2019)

All dies zeigt, welch hohe „Gunst“ al-Kadhimi bei den Amerikanern genießt. Den Irakern muss dies bewusst werden, bevor sie bereuen, wenn es für Reue zu spät ist!

9. Mit einem Satz schließe ich ab und sage: Für den Irak gibt es keine Rettung, kein Wiedererlangen von Macht und Würde, er wird kein Staat von Rang sein, keine zentrale Großmacht, welche die USA, Großbritannien und andere Kolonialmächte bezwingen kann, solange er nicht zur Quelle seiner Stärke zurückfindet, zum Islam, indem der Staat des Islam, das Rechtgeleitete Kalifat nach dem Plan des Prophetentums wiederrichtet wird. Allah, der Machtvolle und Starke, spricht die Wahrheit, wenn Er sagt:

﴿وَلِلّٰهِ العِزَّةُ وَلِرَسُولِه وَلِلمُؤمِنِينَ وَلَكِنَّ الْمُنَافِقِينَ لا يَعلَمُونَ

Und Allahs ist die Macht und Seines Gesandten und der Gläubigen, doch wissen es die Heuchler nicht. (63:8)

Dienstag, den 11. Šauwāl 1441 n. H.

02. Juni 2020 n. Chr.

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