Montag, 23 Jumada al-awwal 1446 | 25/11/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Antwort auf eine Frage

Die Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban

Frage:

Quellen aus der afghanischen Taliban-Bewegung sprachen von bedeutenden Fortschritten, die man im Rahmen der sechstägigen Verhandlungsgespräche mit dem US-Sondergesandten Zalmay Khalilzad in Dubai erzielt habe. Die Rede war auch von einem Abzug der US-Truppen binnen achtzehn Monaten nach Abschluss des Abkommens. Die Dubai-Vereinbarung ist zwar noch nicht druckreif; nur hier und dort sickern Kommentare durch. Zudem ist die Übereinkunft noch nicht verbindlich und laut Reuters-Berichten vom 27.01.2019 ist für den 25. Februar eine neue Gesprächsrunde angesetzt. Dennoch stellt sich die zentrale Frage: Sind die Taliban nach den vielen Jahren des ǧihād in die amerikanische Falle getappt? Wie konnte es dazu kommen und wohin wird das Ganze führen?

Antwort:

Zunächst möchten wir auf eine frühere „Frage/Antwort“ vom 16.08.2017 verweisen, die wir unter der Überschrift „Die Afghanistan-Strategie der USA“ veröffentlichten. Dort hatten wir dargelegt, dass es den USA und ihren Nato-Verbündeten nicht gelungen ist, militärisch einen Sieg zu erringen und dass sich große Teile afghanischer Gebiete de facto unter Kontrolle der Taliban befinden. Wir zeigten die Unfähigkeit der afghanischen Vasallenregierung auf, diesen amerikanischen Krieg zu führen, und dass sie unter großen Schwierigkeiten gerade mal die Hauptstadt und einige Regionen kontrolliert. In der Antwort sprachen wir außerdem von einer Revidierung der Afghanistan-Politik, die vom Amerika der Trump-Ära vorgenommen wurde und erklärten:

Sie wird sich dahin bewegen, die Situation im Land weitgehend abzukühlen, sodass sich die amerikanische Präsenz auf die US-Basen beschränkt und diese nur bei Gefahr zum Einsatz kommen. Nach außen werden sie als „Anti-IS-Mission“ inszeniert.

Des Weiteren führten wir aus:

Damit es einfacher wird, die Taliban zu verführen, wird Amerika die Rolle Pakistans reaktivieren. Dazu wird sich die neue Armeeführung Pakistans zunehmend flexibler und solidarischer mit den Taliban zeigen, um sie so zu animieren, sich mit der Vasallenregierung in Kabul zusammenzusetzen und zu verhandeln und sich schließlich an der politischen US-Ordnung in Afghanistan zu beteiligen. (…) Aus politischer Sicht sind die USA, nachdem sie die begrenzten Optionen in Afghanistan und das Scheitern der indischen Alternative realisiert haben, dazu übergegangen, auf Verhandlungen mit den Taliban zu setzen. Ihre Hoffnung ist, dass die Taliban sich in die US-Herrschaft über Afghanistan integrieren lassen. Um die Führungsriege der Taliban an den Verhandlungstisch zu zerren, benutzten die Amerikaner ihre an der Macht befindlichen Vasallen in Pakistan. (…) Dennoch waren alle Versuche zum Scheitern verurteilt. Weder auf militärischer noch auf politischer Ebene konnten die USA beim Thema Afghanistan Erfolge verzeichnen.

Doch die USA gaben die Hoffnung auf die Realisierung dieses Vorhabens nicht auf und setzten ganz auf ihre Vasallen in der Region, zumal ihnen inzwischen die militärischen und finanziellen Lasten in Afghanistan den Schlaf rauben. Das Desaster Amerikas in Afghanistan lässt sich durch folgende Erläuterung veranschaulichen:

Erstens: Die immensen Schulden der USA machen dem Land zu schaffen und stellen eine Gefahr für die US-Wirtschaft dar, die 2008 schon einmal von der Finanzkrise heimgesucht wurde und an deren Folgen sie noch immer leidet. So heißt es nach Ansicht Trumps, dass die USA sieben Billionen Dollar für Kriege im Nahen Osten (also in den islamischen Ländern) ausgegeben hätten, ohne davon etwas zurückbekommen zu haben. Am 22. Januar 2019 teilte er über seinen Twitter-Account mit: „Nachdem wir törichterweise im Nahen Osten sieben Billionen Dollar ausgegeben haben, ist es an der Zeit, unser Land wieder aufzubauen.“ Die BBC zitierte am 09.01.2016 aus dem amerikanischen Forbes-Magazin, wonach der Krieg in Afghanistan die USA rund eine 1,7 Billionen Dollar und zudem 2400 US-Soldaten das Leben gekostet habe. Zehntausende seien verwundet und entstellt worden und hätten dauerhafte Behinderungen davongetragen. Trotz dieser hohen Zahl an Todesopfern und der finanziellen Verluste seien die USA daran gescheitert, die Bewegung zu eliminieren.

Zweitens: Nach dem Versagen der USA, die Taliban militärisch zu bezwingen, sahen sie keinen anderen Ausweg mehr, als die Bewegung an den Verhandlungstisch zu bringen. Es schien aus Sicht der Amerikaner die einzige Option zu sein, aus dem afghanischen Krieg herauszukommen, ohne als Besiegter dazustehen. Diese Option ist nun die geltende Afghanistan-Strategie der Vereinigten Staaten. Bestätigen lässt sich diese Tatsache durch die Ernennung Zalmay Khalilzads am 05. September 2018 zum US-Gesandten für Afghanistan durch das US-Außenministerium, und zwar mit einer speziellen Mission: „Das US-Außenministerium fasste in einer früheren Erklärung die Mission Khalilzads zusammen, nämlich die Koordinierung und Ausrichtung der US-Bemühungen auf das Ziel hin, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen.“ (Anadolu, 12.01.2019) Die USA gehen daher entsprechend dieser einen Option vor, so lange auf die Taliban einzuwirken und diese unter Druck zu setzen, bis sie bereit sind, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Die Vision der Amerikaner, auf diese Weise dem Afghanistan-Krieg zu entfliehen, ist nicht neu. Sie hatten sich zu Anfang bereits bemüht, eine gemeinsame Verhandlungslinie zwischen den Taliban und dem afghanischen Regime zu schaffen. Doch die Bemühungen blieben erfolglos. Und so haben sich die Verhandlungen hin zu den Amerikanern selbst verlagert, nachdem sie sie lieber zwischen den Taliban und dem von den USA installierten Regime in Afghanistan gesehen hätten. Die Taliban hatten das jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass das afghanische Regime eine Marionettenregierung der Amerikaner sei. Am Ende stimmten sie direkten Verhandlungen mit den USA zu, also mit jenen, die das afghanische Regime installiert hatten!

Drittens: Wichtig ist zu erwähnen und zu bedenken, dass die Amerikaner auf ihre heimtückische Art ein entsprechendes Klima vorbereitet haben, um die Taliban von der Teilnahme an Friedensverhandlungen zu überzeugen. Dazu bedienten sie sich bestimmter Aktionen in Afghanistan und auf regionaler Ebene, die sie von eigenen als auch von nichtamerikanischen Vasallen aus dem Umfeld Afghanistans durchführen ließen:

1. Der Fokus der Luftschläge wurde auf die Anführer der Taliban verstärkt, vor allem auf die Verhandlungsgegner unter ihnen. „US-Verantwortliche erklärten, dass die USA am gestrigen Samstag Drohnen-Angriffe gegen den Anführer der afghanischen Taliban-Bewegung, Akhtar Mansur, geflogen hätten. Das Pentagon bezeichnete Akhtar Mansur als ein Hindernis für Frieden und Aussöhnung zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban.“ (Dunya al-Watan, 22.05.2016) Im Klartext heißt das, der Grund des Angriffs auf ihn war seine ablehnende Haltung gegenüber Friedensgesprächen. Geschehen ist dies noch in der Amtszeit Obamas. Doch auch unter der Trump-Administration behielt Amerika diese Politik bei. In einer Presseverlautbarung teilte die Nato-Mission am Mittwochabend mit, dass „zwei Talibanführer in der Provinz Kapisa bei amerikanischen Luftangriffen, die am 22. Juli zur Unterstützung afghanischer Spezialkräfte für Sicherheit im Distrikt Tagab ausgeführt wurden, getötet wurden.“ (Sputnik, 25.07.2018). Auch bei einem späteren Zwischenfall kam ein Talibanführer ums Leben. Colonel Dave Butler, Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan, erklärte hierzu: „Wir können bestätigen, dass gestern ein US-Luftangriff erfolgt ist, der zum Tod des Taliban-Führers Mullah Manan geführt hat.“ (CNN Arabi, 02.12.2018)

2. Der Iran streckte den Taliban seine Hand hin, woraufhin sich diese, in dem Glauben, der Iran sei ein Feind Amerikas, in Sicherheit wähnten. So begab sich der ein oder andere Talibanführer in die Arme Irans, ohne eine Lehre daraus gezogen zu haben, dass ihr Anführer Mullah Akhtar Mansur auf seinem Rückweg aus dem Iran an der dortigen Grenze höchstwahrscheinlich unter iranisch-amerikanischer Kooperation liquidiert wurde. Die Taliban setzten auch weiterhin ihr Vertrauten in den Iran, wobei dieser sie nur weiter in Richtung einer politischen Lösung nach amerikanischer Vorstellung treibt: „Der Iran erklärte, dass am gestrigen Sonntag afghanische Taliban-Vertreter mit iranischen Verantwortlichen in Teheran zu Verhandlungen zusammengekommen seien, wobei es der Islamischen Republik darum ging, Gespräche zu einem Friedensschluss im Nachbarstaat voranzutreiben, um den Einfluss anderer islamischer Gruppierungen einzudämmen. Braham Qassemi, Sprecher des iranischen Außenministeriums teilte am heutigen Montag mit, dass die Unterredungen mit Wissen des afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani geführt wurden und das Ziel haben, die Verhandlungsparameter zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung festzulegen.“ (Euronews, 31.12.2018)

3. Das Golfemirat Katar genehmigte die Eröffnung eines politischen Büros für die Taliban-Bewegung in der Hauptstadt Doha. Letztere glaubten, mit einer solchen Anerkennung gestärkt worden zu sein. Doch Katar hat offen bekundet, dass die Eröffnung des Büros in Kooperation mit den Amerikanern erfolgt ist, um Verhandlungen mit den Taliban erst möglich zu machen. Während der Krise zwischen Katar und den Boykott-Ländern erklärte das Golfemirat, „dass mit den Aussagen des Ex-CIA-Chefs David Patreus alles gesagt sei, als er nämlich erwähnte, dass die Treffen der Taliban und der Hamas in Doha auf Wunsch der US-Regierung stattgefunden hätten. Das sei Beweis genug, dass Katar nichts im Verborgenen getan habe. Dies sei allen bekannt gewesen und nichts sei hinter dem Rücken der anderen getan worden. Die Taliban ebenso wie die Hamas hätten sich auf Bitten der USA in Doha befunden, um einen Ausweg sowohl für die Taliban als auch für die Palästinafrage zu finden.“ (Al-Sharq al-Qatariyya, 04.07.2017) Damit suggeriert der Golfstaat Katar den Taliban, auf ihrer Seite zu sein, sie zu unterstützen und anzuerkennen. Letztere sind darauf hereingefallen. Als sich aufgrund des Boykotts die Lage für das Emirat zuspitzte, wandte es sich hilfesuchend und mit der Bereitschaft, sein Vermögen dafür auszugeben, an die Regierung Trump, um sein Regime zu schützen. Dafür bot sich das Golfland immer stärker - obgleich Vasall Großbritanniens - den USA für Gefälligkeitsdienste an, um auf die Taliban einzuwirken und sie zu Verhandlungen zu drängen. Die Hoffnung Katars war, dass die Trump-Administration dafür die saudische Gefahr für Katar eindämmt. Damit haben die USA Konkurrenzkämpfe unter den rivalisierenden Golf-Kleinstaaten ausgelöst, und zwar in der Frage, wer den USA dabei dienlich sein darf, die Taliban zu Friedensverhandlungen zu bringen. Und so fand ein Tauziehen um den Austragungsort für die Friedensgespräche statt: Während die Vereinigten Arabischen Emirate sie nach Abu Dhabi holen und Katar ausstechen wollten, wollte Saudi-Arabien mit der Stadt Jedda das Rennen machen. Auch zitierte Reuters einen Militärführer der Taliban, der an den Verhandlungen teilnahm und namentlich nicht genannt werden wollte, mit den Worten: „Eigentlich hat der Zwist zwischen Saudi-Arabien und Katar den Friedensprozess komplett zerstört“. „Die Saudis üben unnötigerweise Druck auf uns aus, damit wir eine Waffenruhe verkünden“, so der Talibanführer weiter. (Sputnik, 14.01.2019) Im Verlauf dieses Tauziehens - dem Anschein nach, voller Widerspruch und Uneinigkeit – fanden sich die Taliban nunmehr in den Stricken dreier Golfstaaten gefangen. Es scheint nach außen widersprüchlich zu sein. Doch es läuft alles auf ein Ziel hinaus: Direkte Verhandlungen der USA mit den Taliban. So spielen sich diese Rivalitätskämpfe zwischen dem US-Vasallen Saudi-Arabien, dem Großbritannien-Vasallen Katar und den Emiraten, ebenfalls ein Vasallenstaat der Briten, ab. Anders ausgedrückt geht es darum: Wer ist der Erste, der den USA seine Dienste anbieten und Amerikas Wohlwollen erlangen darf? Doch innerhalb dieses schmutzigen Kampfes sollen die Taliban in die Falle gelockt und auf Verhandlungen mit den Amerikanern und die politische Lösung eingestimmt werden. Von Seiten Großbritanniens kommt, was diesen Kurs Katars angeht, kein Einwand und wird als Verteidigung des katarischen Regimes angesehen. Die Vereinigten Arabischen Emirate hingegen hat Großbritannien aus anderen Gründen in die vorderen Reihen neben die US-Vasallen platziert.

4. Pakistan, Drehscheibe der Taliban, ist - nachdem es die Bewegung fallengelassen und die Armee samt schwerem Geschütz auf die pakistanischen Taliban angesetzt hatte - dazu übergegangen, die Taliban zu besänftigen und verstärkt Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Mit Imran Khan, der am 25. Juli 2018 das Amt des Premierministers übernahm und mit seinen Äußerungen, in denen er eine Annäherung an die afghanischen Taliban durchblicken ließ, sind weitere Rahmenbedingungen geschaffen worden, mit denen man das Vertrauen der Taliban gewinnen wollte. Dabei erkannten Letztere nicht, dass es eine Falle war, die aufgestellt wurde, um sie für Verhandlungen mit den Amerikanern einzufangen. Und nachdem sie dort bereits einmal gelandet waren, schnappte die Falle an gleicher Stelle erneut zu. Es handelt sich um eine Grube, die von der pakistanischen Regierung, Vollstreckerin der US-Politik, gegraben wurde. So hat Pakistan die Taliban 1996 bei der Machtergreifung in Afghanistan unterstützt, bevor es sie kurz vor der US-Invasion in Afghanistan durch Bush Junior 2001 wieder fallen ließ. Mehr noch: Das pakistanische Regime war Verbündeter der USA bei ihren Angriffen gegen die Taliban, indem es diese innerhalb Pakistans verfolgte. Und jetzt, nachdem es den Amerikanern nicht gelungen war, die Taliban-Bewegung auszuschalten, und sie den Entschluss fassten, die Taliban erneut zu Verhandlungen zu drängen – und zwar als einzig verbliebene Option für eine Lösung und für die Aufrechterhaltung des US-Einflusses in Afghanistan -, geht Islamabad wieder dazu über, alte Brücken zu den Taliban aufzubauen, was nur einem Zweck dient: Die Umsetzung der neuen US-Strategie und die Aufrechterhaltung der US-Vormacht in Afghanistan. Und so schnappte die Falle für die Taliban das zweite Mal zu! Dabei liegen doch die Dinge ganz offen: „Pakistans Premierminister Imran Khan enthüllte am gestrigen Montag, dass US-Präsident Donald Trump ihn um Unterstützung bei dem Friedensprozess in Afghanistan gebeten habe. Der pakistanische Sender Geo TV zitierte Khan, er habe eine Botschaft von Trump erhalten, in der er von Pakistan verlangte, eine Rolle bei den afghanischen Friedensgesprächen zu übernehmen und dabei zu helfen, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen.“ (Sputnik, 03.12.2019) Zwei Tage später traf sich der pakistanische Premier mit dem US-Sondergesandten für Afghanistan Khalilzad in Islamabad und versicherte ihm, dass Pakistan dem amerikanischen Afghanistan-Plan folge. „Imran erklärte, dass Pakistan eine politische Lösung wolle, um Frieden und eine Aussöhnung in Afghanistan zu herzustellen.“ (Misrawi, 18.12.2018) Imran Khan versicherte am Dienstag, sein Land werde alles dafür tun, den Friedensprozess in Afghanistan voranzutreiben und wies darauf hin, dass sein Land zu dem späteren Dialog zwischen den Taliban und den Amerikanern in Abu Dhabi beigetragen habe. (Al-Yaum al-Sabi, 18.12.2018) Khan hatte sich am 19.11.2018 auf Twitter sogar selbst demaskiert, als er Pakistans Dienste für Amerika rechtfertigte und einräumte: „Pakistan hat die Teilnahme am US-Krieg gegen den Terror gewählt. Es musste Verluste von fünfundsiebzig Tausend Opfern in diesem Krieg hinnehmen. Die Wirtschaft hatte Verluste von mehr als 123 Milliarden Dollar, während die Hilfen der USA bei zwanzig Milliarden Dollar lagen.“ Auch der ehemalige Verteidigungsminister Pakistans, Khawaja Asef, bestätigte den Verrat der pakistanischen Regierenden – wobei er selbst einer von ihnen war - und schrieb am 19.11.2018 auf seinem Twitter-Account: „Pakistan opfert noch immer sein Blut für die USA; für Kriege, die nicht unsere Kriege sind. Wir haben die Werte unserer Religion geopfert, damit diese mit den Interessen der USA einhergeht. Wir haben unsere friedfertige Seele zerstört und sie durch Fanatismus und Unversöhnlichkeit ersetzt.“ Offener kann man es nicht ausdrücken: Der pakistanische Staat hat sich auf einen Krieg eingelassen, der nicht sein Krieg ist, und hat für die USA das Blut der Söhne und Töchter der Muslime geopfert. Er hat die Werte seiner islamischen Religion mit Füßen getreten - im Dienste amerikanischer Interessen. Die Rolle Pakistans in Afghanistan ähnelt der Rolle der Türkei und des Präsidenten Erdogan in Syrien. Ähnlich stellte auch er sich in den Dienst der USA, übte Druck auf die bewaffneten Verbände aus und nötigte sie zu den amerikanischen Lösungen, obwohl die Amerikaner ihn mehr als einmal vor den Kopf gestoßen hatten!

5. So sieht die Lage aus, was die lokalen Umstände in Afghanistan betrifft und die Aktivitäten auf regionaler Ebene, ob von Seiten amerikanischer oder anderer Vasallen, die von Amerika dazu ausgenutzt werden, die Taliban strikt in Richtung Verhandlungen und politischer Lösung zu bewegen. Wohin auch immer sich die Taliban hinwandten, ob nach Pakistan, Iran, Saudi-Arabien, Katar oder Vereinigte Arabische Emirate; sie fanden sich stets auf der Spur wieder, die in Richtung Verhandlungen mit den Amerikanern führt, damit diese ihre Vormacht in Afghanistan behalten können! Trotz allem sollten die Taliban genau darüber nachdenken, warum sich die USA so sehr abmühen, um mit ihnen in Verhandlungen zu treten und warum sie ihre Vasallen so stark unter Druck setzen, damit diese mit hinterhältigen und perfiden Mitteln größtmögliche Anstrengungen aufwenden, um die Taliben für Friedensgespräche zu gewinnen. Sie sollten über das große militärische und finanzielle Desaster nachdenken, in welchem die Amerikaner seit nunmehr siebzehn Jahren stecken – gerade wegen des heldenhaften ǧihād der Taliban. Sie sollten darüber nachdenken, wie verbissen die Amerikaner auf bilaterale Verhandlungen mit den Taliban aus sind, obwohl sie sie als Terroristen einstuften, so wie sie es mit jedem tun, der gegen den Terror und die Arroganz der USA Widerstand leistet. Wenn sie über all das tief nachdächten, würden sie erkennen, dass es sich im Grunde um die inoffizielle Kapitulationserklärung der USA in Afghanistan handelt. Die USA wollen den Ausstieg noch schaffen, bevor sie von ihren Niederlagen niedergewalzt werden. Sonst würden sie nämlich ihre Blöße preisgeben und für alle wäre offensichtlich, dass es sich um eine bröckelnde Großmacht handelt. Diesen Umstand hätten die Taliban ausnutzen und Amerika erheblich unter Druck setzen müssen, so lange, bis Amerika gedemütigt aus Afghanistan hinausgejagt wird. Nicht aber, dass man den Amerikanern in Form von Verhandlungen eine Verschnaufpause vom Kampf verschafft. Den USA ist nämlich keinesfalls zu trauen: ﴿لَا يَرْقُبُونَ فِي مُؤْمِنٍ إِلّاً وَلَا ذِمَّةً وَأُولَئِكَ هُمُ الْمُعْتَدُونَ„Sie achten keine Bindung und keine Verpflichtung gegenüber einem Gläubigen; und sie sind die Übertreter.“ [9:10]

Die Amerikaner werden sich folglich mit den Zugeständnissen der Taliban - wie auch immer diese im Rahmen der Verhandlungen aussehen sollten - solange nicht zufriedengeben, bis der US-Einfluss in Afghanistan gesichert ist, auch wenn die US-Vertreter den Taliban ins Gesicht lächeln. Und was ihre Herzen verbergen, ist schlimmer!

6. Daher ist es umso schmerzvoller, dass die sechstägigen Doha-Gespräche der Einstieg dafür waren, um weitere Fortschritte bei den Verhandlungen zu erzielen, so wie es von den Taliban selbst bezeugt wird:

a) In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur „Anadolu“ sagte Taliban-Führer Wahid Mugdeh, beide Seiten hätten sich weitgehend auf den Abzug ausländischer Truppen verständigt und auch darauf, dass von Afghanistan aus keine Bedrohung mehr ausgehen soll, für keinen Teil der Erde. Er betonte, dass die Bewegung ihrerseits darauf hinarbeiten wird, den vorgeschlagenen Friedensprozess unter internationalen Schutz zu stellen. Er fügte hinzu: „Das Abkommen kam in Doha wegen technischer Fragen und der Formulierung des Vertrages noch nicht endgültig zum Abschluss“ (Anadolu, 26.01.2019)

b) Am 26.01.2019 zitierte Reuters Taliban-Verantwortliche, wonach sie sich mit Washington über einige Artikel geeinigt hätten, um sie in den endgültigen Vertrag einzufügen. Einer dieser Artikel legt den Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan binnen achtzehn Monaten nach Unterzeichnung des Abkommens fest. Im Gegenzug geben die Taliban Garantien dafür, dass sie der al-Qaida und dem IS nicht erlauben würden, afghanisches Territorium für Aktionen gegen die USA zu nutzen. Dieser Inhalt legt nahe, dass die USA für die Taliban eine Teilhabe an der Regierung vorgesehen haben, da von ihnen Garantien verlangt werden, sich anderen Organisationen entgegenzustellen. So wollen die USA die Taliban auch für diese Zwecke instrumentalisieren.

7. Auch die Aussagen US-Verantwortlicher bestätigen die Äußerungen der Taliban-Funktionäre:

a) Nach den sechstägigen Gesprächen mit den Taliban in Doha schrieb der US-Delegationsleiter Zalmay Khalilzad auf Twitter: „Die hier stattgefundenen Treffen waren produktiver als in der Vergangenheit. Wir haben in den wichtigen Fragen große Fortschritt erzielt.“ (DW, 26.01.2019)

b) Der stellvertretende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan erklärte am 28. Januar 2019 hinsichtlich der Friedensgespräche mit den Taliban: „Die Resultate, die herauskamen, sind ermutigend.“ (Al-Hurra, 28.01.2019)

8. Aufgrund dessen ist die Rohfassung der Doha-Vereinbarung als „großes Loch“ in der bisher undurchdringlichen Mauer der Taliban zu werten. Auch haben die Vasallenregierungen begonnen, diese Mauer aufzuweichen. Zwar verhielten sich die Taliban, wie aus ihren Äußerungen hervorging, zunächst reserviert und lehnten jegliche Verhandlungen mit der Regierung in Kabul ab. Auch die Amerikaner demonstrierten eine ähnliche Haltung, als sie von einer „Entweder-ganz-oder-gar-nicht-Vereinbarung“ sprachen. Trotzdem zeigt sich, dass der Eifer beider Seiten, weitere Verhandlungsrunden zu führen, auf der eindringlichen Atmosphäre beruht, die die Doha-Gespräche geschaffen haben, und ebenso auf das strenge Vorantreiben seitens der Vasallen zurückzuführen ist. Daher kann gesagt werden, dass die USA nach siebzehn Jahren Krieg ein Licht am Ende des Tunnels erblickt haben, um aus ihrem Schlamassel in Afghanistan herauszukommen. Es sei denn, dass der aufrichtige Flügel innerhalb der Taliban sich erhebt, diese Vereinbarung in Stücke reißt und in alle Himmelsrichtungen verstreut. Das Licht, das die Amerikaner zu erblicken glaubten, um sicher aus dem Afghanistan-Krieg herauszukommen, wäre dann schnell wieder erloschen.

9. Daher dürfen weder die Taliban noch alle anderen islamischen Kämpfer, die gegen die Besatzung und den Kreuzzug der USA und der Nato Widerstand leisten, Zugeständnisse an die Amerikaner und deren afghanisches Vasallen-Regime machen und sich keinesfalls in die Regierung einbinden lassen. Sie sollen weiterhin Widerstand leisten, bis die USA gezwungen sind, erniedrigt und gesenkten Hauptes Afghanistan zu verlassen. Denn Krieg ist nur Standhalten für eine begrenzte Zeit. Die Amerikaner haben sich erst auf Verhandlungen eingelassen, nachdem es ihnen nicht gelang, den Willen der muğāhidūn zu brechen. Die Taliban sollen sich davor hüten, sich in den Sumpf von Verhandlungen zu begeben, die für die Amerikaner und den Rest des Westens nichts Anderes bedeuten, als dass die andere Seite Zugeständnisse macht, damit sie das bekommen, was ihnen durch Krieg nicht gelungen ist. Mit anderen Worten soll der Gegner am Verhandlungstisch besiegt werden, ohne auch nur einen Tropfen Blut oder einen Cent zu verlieren! Das entspricht ganz ihren pragmatisch-politischen Verständnissen.

Die USA sind klar der verbrecherische Aggressor. Sie sind es, die für ihre Aggression und ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Sie haben getötet und verwundet, haben die Menschen zu Behinderten gemacht, für Millionen vertriebener Afghanen gesorgt und schließlich das Land in Schutt und Asche gelegt. Ihre Verbrechen lassen sich weder auflisten noch in Zahlen festhalten. Sie gleichen den Gräueltaten der Sowjets in Afghanistan, ja übertreffen sie sogar. So, wie die Sowjetunion – erniedrigt und gebrochen - vertrieben wurde, ist es auch möglich, dass die Amerikaner ein ähnliches Schicksal erleiden. Dies wird dann der Fall sein, wenn die Taliban standhaft und beharrlich an dem festhalten, weswegen sie zum Kampf gegen die Amerikaner ausgezogen sind. Denn Allah hat den Standhaften und Standfesten den Sieg versprochen, auch wenn sie zahlenmäßig kleiner sind als ihr Feind:[ قَالَ الَّذِينَ يَظُنُّونَ أَنَّهُمْ مُلَاقُو اللَّهِ كَمْ مِنْ فِئَةٍ قَلِيلَةٍ غَلَبَتْ فِئَةً كَثِيرَةً بِإِذْنِ اللَّهِ وَاللَّهُ مَعَ الصَّابِرِينَ] „Diejenigen aber, die damit rechnen, dass sie Allah begegnen würden, sagten: „Wie oft hat eine kleine Schar mit Allahs Erlaubnis eine große besiegt! Und Allah ist mit den Standhaften.““ [2:249]

Sie müssen jede Beteiligung an der Vasallenregierung in Afghanistan ablehnen. Mehr noch, sie sollen daran mitwirken, sie zu beseitigen und die Herrschaft des Islam zu errichten: das Rechtgeleitete Kalifat, nach dem Plan des Prophetentums, das vom Gesandten Allahs prophezeit wurde:«ثُمَّ تَكُونُ خِلَافَةٌ عَلَى مِنْهَاجِ النُّبُوَّةِ»„Sodann wird ein Kalifat nach dem Plane des Prophetentums entstehen.“

﴿لِمِثْلِ هَذَا فَلْيَعْمَلِ الْعَامِلُونَ

„Für ein Solches sollen die Tätigen handeln.“(37: 61)

01. Ğumādā l-Āḫira 1440 n. H.
06. 02. 2019 n. Chr.
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