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Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Nachricht- Kommentar
Der Westen ist in eine postfaktische Ära gefallen

 

Nachricht:

Jüngste Forschungsergebnisse, die in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurden, berichteten, dass „die Welle der postfaktischen politischen Argumentation darauf hindeutet, dass wir in einer besonderen historischen Periode leben, wenn es um das Gleichgewicht zwischen Emotion und Argumentation geht“, und dass die „postfaktisch Ära viele überrascht hat“. PNAS ist eine angesehene wissenschaftliche Zeitschrift von höchstem wissenschaftlichem Ruf, deren veröffentlichte Artikel Beachtung verdienen.

 

Kommentar:

Die Autoren schlagen vor, dass der „Aufstieg faktenfreier Argumentation vielleicht als Teil einer tieferen Veränderung verstanden werden kann.“ Die Verwendung des Begriffs „postfaktisch“ oder „faktenfrei“ in der wissenschaftlichen Literatur als Beschreibung des Dialogs und Diskurses in der modernen westlichen Welt ist offen, wenn nicht sogar orwellisch impliziert. Was die Behauptung betrifft, dass es „viele überrascht hat“ und wenn dem so ist, dann war es eine Überraschung, die ziemlich langsam über einen Zeitraum von 5 Jahren heraufdämmerte, seit der Diskurs der Trump-Ära öffentlich eine Büchse der Pandora öffnete.

Eine der damaligen Beraterinnen von Präsident Trump, Kellyane Conway, gab 2017 ein Presseinterview, in dem sie diese postfaktische Ära in Worte fasste. Ihr wurden Fakten präsentiert, die zeigen, dass Trumps Pressesprecher gelogen hatte, als er behauptete, dass Trumps Amtseinführung das „größte Publikum anzog, das jemals eine Amtseinführung miterlebt hat, sowohl persönlich als auch rund um den Globus. Doch anstatt zu versuchen, die präsentierten Fakten zum Gegenteil hin zu widerlegen, antwortete sie berühmterweise mit der Aussage, dass Trumps Pressesprecher „alternative Fakten“ habe. Einige Medienvertreter wiesen sofort darauf hin, dass es so etwas wie „alternative Fakten“ nicht gebe und dass es nur Fakten oder Unwahrheiten geben könne.

Schon in den Monaten vor der US-Präsidentschaftswahl und dem britischen Brexit-Votum wurden Social-Media-Plattformen zu Schlachtfeldern, auf denen Bots, Hacker, Data-Mining-Unternehmen und das Ausland zu aktiven Teilnehmern der Meinungsbildung wurden, indem sie Propagande und Lügen auf sorgfältig konstruierte Weise verbreiteten. Online-Communities bildeten sich mit Hilfe großer Tech-Unternehmen zu Bubbles, in denen jede ihre eigenen sich selbst verstärkenden „Wahrheiten“ hatte, die im Widerspruch zu den „Wahrheiten“ anderer standen. Es ist bemerkenswert, dass die USA und Großbritannien ausländische Mächte und insbesondere Russland beschuldigten, sich durch Cybertaktiken in ihre Demokratien eingemischt zu haben und es ist eine Ironie, dass sie sich beschweren, nachdem die CIA und andere westliche Geheimdienste selbst Jahrzehnte damit verbracht haben, andere Länder in Lateinamerika, dem Nahen Osten und in Asien zu untergraben im Streben nach Verbreitung ihrer Werte und kolonialen Hegemonie im Angesicht des Kommunismus und dann des Islam. Sie verzerrten die Wahrheiten und stifteten nach Bedarf Staatsstreiche und Gegenputsche an. Falschheit ist Teil des westlichen politischen Diskurses im In- und Ausland, aber früher wurden Falschheiten zumindest als Tatsachen getarnt, was politischen Gegnern die Aufgabe überließ, Falschheit von Tatsachen für ihre Wählerschaft zu trennen. Doch irgendwann in der Geschichte wurde dies zu lästig.

Was in Proceeding of the National Academy of Sciences (PNAS) gezeigt wurde, ist, dass es in der gedruckten englischen und spanischen Literatur seit 1850 eine anhaltende Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Rationalität und Intuition gegeben hat, was durch den sich ändernden Sprachgebrauch angezeigt wird. Die Autoren fanden Folgendes heraus: „Nach dem Jahr 1850 nahm die Verwendung von Gefühlswörtern in Google Books ab, während die Verwendung von Wörtern, die mit faktenbasierter Argumentation verbunden waren, stetig zunahm. Dieses Muster kehrte sich in den 1980er Jahren um, und diese Veränderung beschleunigte sich um 2007 herum, als sprachübergreifend die Häufigkeit faktenbezogener Wörter abnahm, während emotional beladene Sprache zunahm, ein Trend, der mit einer Verschiebung von kollektivistischer zu individualistischer Sprache einherging.“ Trotz kontinuierlicher wissenschaftlicher und technologischer Fortschritte seit der industriellen Revolution, ist Glaube im Westen als absolute Wahrheit zurückgegangen...

Könnte es sein, dass Rationalität unweigerlich ihren hochgeschätzten Status verlieren würde, sobald eine säkulare Zivilisation den Glauben für irrelevant erklärt hat und mit utopischen Ideologien von rechts und von links spektakulär versagt hat, um den Menschen zu einem Gefühl von Harmonie und Ziel innnerhalb der Gesellschaft und der Welt zu führen? Wenn der Begriff der absoluten Wahrheit mit Zynismus betrachtet wird, dann muss etwas an seine Stelle treten. Den Erkenntnissen des Artikels zufolge war der Aufstieg der „emotionsgeladenen“ Intuition auch „parallel mit einer Verschiebung von einer kollektivistischen zu einer individualistischen Sprache“, die ein Produkt von zwei Dingen sein könnte. Erstens ist der westliche Kapitalismus individualistischer Natur und basiert auf der Prämisse, dass persönliche Gier die einzige Grundlage ist, auf der das Gemeinwohl aufgebaut werden kann. Zwietens, obwohl sowohl Intuition als auch Denken individuelle Erkenntnisakte der Kognition sind, ist das rationale Denken offen für kollektive Akzeptanz oder Ablehnung. Dagegen ist Intuition gestaltlos, und sie beginnt und endet mit dem Individuum.

Intuition ist nichts Schlechtes. Es ist diese wesentliche Fähigkeit, die es einer Person ermöglicht, einen Raum voller Menschen zu betreten und sofort zu spüren, dass „etwas nicht stimmt“, ohne die Körpersprache aller um sie herum aktiv studieren zu müssen. Es steht hinter unserer Fähigkeit, Freunde und Bekannte sofort zu erkennen, obwohl wir sie möglicherweise nicht gut genug beschreiben können, damit ein Fremder sie identifizieren kann. Es ist weise, unsere Intuition zu schätzen, aber die Vernunft ist wertvoller und kann uns erlauben, viel weiter zu sehen. Das Problem ist, dass das Wichtigste, was der Mensch sehen muss, nur durch die Vernunft gesehen wird, die nicht mit der falschen Epistemologie des Säkularismus belastet ist, die die Menschen desillusioniert und mit ihren eigenen persönlichen Fantasien allein lässt.

Geschrieben für das zentrale Medienbüro von Hizb-ut-Tahrir
Dr. Abdullah Robin
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