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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Zum zehnten Jahrestag der Revolution
(7)
Wer waren die Befürworter des Putsches? Und wo sind sie hin?
 

Was am 3. Juli geschah, war im wahrsten Sinne des Wortes ein Putsch. Doch es gibt Parteien und Einzelpersonen, die das anders sahen. Einige bezeichneten diesen Putsch als „Revolution“ bzw. als eine „neue Revolutionswelle“ oder auch als „Vervollständigung der Revolution des 25. Januar“. Wir werden uns hier mit den Unterstützern bzw. Befürwortern al-Sisis in seiner Putschbewegung beschäftigen, um uns Sisis Realität und die Beweggründe näher anzuschauen, die ihn dazu antrieben, eine solche Position an den Tag zu legen. Anschließend befassen wir uns damit, welche Stärke er tatsächlich hat, wie groß seine Popularität auf der Straße ist und wie es jetzt um ihn steht? Haben die neuen Machhaber eine wirkliche Basis im Volk, die zu ihnen steht, sie verteidigt und sogar ihretwillen einen Kampf führen würde? Anders gefragt: Wird die neue Macht tatsächlich von der breiten Masse gestützt? Oder stützt sich die neue Regieung auf eine ausländische Macht, sodass es keine natürliche Basis ist? Wir versuchen hier die Realität auf korrekte Weise zu lesen, um damit richtig umgehen zu können. Auf keinen Fall können wir uns mit dieser Realität abfinden und darüber hinwegschweigen. Denn es handelt sich um eine Regierung, die mittels einer Ordnung regiert, die im Widerspruch zu dem Regierungssystem des Islam steht. Es ist folglich ein System, mit dem nicht nach dem regiert was, was Allah herabgesandt hat. Eine ideologische Partei, die in der Umma eine Veränderung zum Islam hin auslösen will, muss von der Phase der Interaktion zur Phase der Machtübernahme wechseln und die Idelogie, die sie vertritt zur Implementierung bringen. Daher ist es wichtig, die Realität der Ereignisse zu verstehen und zu begreifen, wo die herrschende Macht jetzt steht und wer sie stützt. Wer waren also die Befürworter des Putsches?

1. Die Nur-Partei

Die Nur-Partei entstand direkt nach der Revolution des 25. Januar und konnte bei den Parlamentswahlen trotz ihres kurzen Bestehens 22% der Stimmen erringen. Sie wurde damit zweitstärkste Kraft nach der Partei der Muslimbrüder, die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, die auf 44 % der Stimmen kam. Mit diesem Prozentanteil hatte die Nur-Partei das Gefühl, stark zu sein, doch handelte es sich um keine tatsächliche Stärke, auch wenn sie sich auf die Sympathien eines nicht unerheblichen Teils der Religiösen stützte. Diese sahen in ihr eine islamische Partei, die einen salafistisch ausgericheten Weg des Islam vertraten, dem viele der religiösen Muslime folgen. Kennzeichnend in der äußeren Erscheinungsform dieser Ausrichtung sind die als islamisch geltenden lange Bärte und die gekürzten Männergewänder. Doch im Laufe der Zeit wurde diesem Teil der Menschen klar, dass sich diese Partei in der politischen Arbeit in einen Pragmatismus verstrickte, der dem der Muslimbrüder noch übertraf. Die Nur-Partei verkaufte sich in einer Weise, die das Wohlwollen der Säkularisten erlangen sollte und um sich überzeugender für die Amerikaner anzubieten - als mögliche Alternative zu den Muslimbrüder. Es ist eine neue Art des Pragmatismus, ein „bärtiger“ Pragmaismus. Und deshalb können wir durchaus behaupten, dass die Nur-Partei in der Phase, die dem Militärputsch folgte, viele ihrer Sympathisanten verlor, die anfangs hinter dieser Partei, die in ihren Augen eine islamische Partei war, die die Implementierung der Sharia im Sinn hatte, standen.

Dass Jalal Murra, der Vorsitzende der Nur-Partei, hinter dem Sheich der Azhar und hinter dem koptischen Papst, saß, während al-Sisi, die Erklärung nach dem Putsch verlas, der die Regierung der Muslimbrüder zu Fall brachte, hat ebenfalls die Unterstützung des Volkes für die Nur-Partei einstürzen lassen. Einige Basen und auch Unterstützer wurden ebenso Schikanen auf ägyptischen Straßen ausgesetzt, da sie aufgrund ihres islamischen Bezuges mit dem Terrorismus in Verbindung gebracht wurden. Und gerade dagegen suchte al-Sisi bei den Menschen die falsche Ermächtigung, um einen Krieg gegen den Islam zu führen. Die Nur-Partei verlor viel, aufgrund ihrer Befürwortung des Putsches. Heute besteht sie bloß noch aus Quartieren, die in vielen Gouvernements verteilt sind, an denen Plakate hängen, auf denen der Name der Partei steht und aus Personen, die die Mitgliedsausweise besitzen. Doch sie hat die natürliche Basis verloren, und das ist die Umma. Einen großen Teil der Anhänger der Partei, können wir nicht den Reihen der Putschisten zuordnen. Sie beteiligten sich an den Protesten von Rabia und Nahda. Sie sind in Wahrheit Gegner des Putsches und keine Befürworter.

Man erlaubte der Nur-Partei, sich mit einem Mitglied an dem 50-köpfigen Verfassungsgremium zu beteiligen, das sich nach dem Putsch gebildet hatte. Ebenso beteiligte sich die Partei an den Parlamentswahlen, die von den Putschführern vorbereitet wurden. Sie konnte zwar einige Sitze erringen, doch keinen einzigen Ministerministerposten in irgendeiner Regierung, nachdem Mursi entmachtet wurde. Die Nur-Partei stellte sich hinter die Kandidatur al-Sisis als Präsident in beiden Durchläufen, bis er das Amt des Präsidenten erlangte. Doch was kommt danach? Welche Rolle will die Nur-Partei im kommenden Regime spielen? Es ist klar, dass sie keine Rolle erhält, weder jetzt noch in der Zukunft. Sie spielt lediglich die Rolle des Alibi-Zeugen in einer kaputten Ordnung, die die Religion als Lebensordnung bekämpft. Sie gibt sich damit zufrieden, dass die Religion in die Moschee verbannt wird, abgekoppelt von Herrschaft und Politik. Die Partei hat ihre letzte noch verbliebene Hülle der Sharia, die sie als Banner zu tragen behauptet, abgestreift. Es wird die Zeit der Selbstauflösung der Partei kommen, wenn die ihr zugedachte Rolle endet.

Die Partei war und ist ein Alibi-Zeuge für den Putsch. Sie lobpreiste das säkulare Regime Tag und Nacht, gab sogar ihren Segen zu den Operationen der Sicherheitskräfte des Regimes gegen die Regimegegner. Sie zuckte nicht ein Mal mit der Wimper, als sie das brutale Vorgehen, die Repressionen und die Festnahmen der Regemegegner mit eigenen Augen sah.

2. Die Tamarrod-Bewegung

Diese Bewegung trat am 26. April 2013 innerhalb des politischen Establishments Ägyptens zutage. Vom ersten Moment an wurde sie sichtbar und offene von der Kifaya-Bewegung, von der Nationalen Heilsfront, von der Nationalen Vereinigung für Veränderung und von der Bewegung des 6. April unterstützt. Der Verband der Rechtsanwälte stellte Büroräume für sie in der ganzen Republik zur Verfügung, um die Unterschriftensammlung mit der Forderung, Muhammad Mursi das Vertrauen zu entziehen, zu ermöglichen. Mehr noch: Die Tamarrod-Bewegung bekam heimliche Unterstützung von der Armee und allen Institutionen des Staates und auch finanzielle Hilfe kam von den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Diejenigen, die auf die Gründung dieser Bewegung hingearbeitet haben, wollten sie dazu nutzen, die Herrschaft Mursis und der Muslimbruderschaft zu stürzen. Und daher sah man den Gründer der Bewegung in den Reihen jener, die am Tag der Verlesung der Erklärung am 3. Juli eine kurze Rede hielten. Es handelte sich um eine Erklärung, die die neuen Machhaber vorbereitet hatten, wenngleich zwei Personen aus der Tamarrod-Bewegung am Verfassungsgremium zur Modifizierung der Verfassung an der absurden Szene teilnahmen, die darauf schließen lässt, wie unbeschreiblich lächerlich eine modifizierte Verfassung aussehen würde. Trotz der Beteiligung am Verfassungsgremium, konnte sich die Bewegung auf keine dauerhafte Basis im Volk stützen. Sie konnte mit keinen bestimmten Ideen aufwarten, um die sich die Menschen hätten scharen können. Es war eine Art Einweg-Bewegung, die nach einmaligem Gebrauch weggeschmissen wurde. Sie hat die ihr zugewiesene Rolle erfüllt und löste sich dann auf, ohne irgendeine Spur innerhalb des politischen Establishment Ägyptens zu hinterlassen.

3. Die Nationale Heilsfront

Es ist zwar richtig, dass die Nationale Heilsfront ein Bündnis aus 35 Parteien und politischen Vereinen darstellt. Doch bei den meisten handelt es sich um kleine Bewegungen und Parteien, die keinerlei Gewicht haben, mit Ausnahme der Wafd-Partei, die jedoch trotz ihres Bekanntheitsgrades und ihrer langjährigen politischen Arbeit keine breite Basis hat, die es ihr ermöglichen würde, die Straßen in die von ihr gewünschte Richtung zu mobilisieren. Die Partei schaffte es nicht, mehr als 39 Sitze des Parlaments zu erlangen, das aufgelöst wurde. Es sind wenige Sitze, blickt man auf die lange, traditionsreiche Geschichte der Partei im politischen Leben Ägyptens. Des Weiteren gibt es noch die Verfassungspartei, die von Dr. Baradei geleitet und der nach dem Putsch zum Vize-Präsidenten der Republik ernannt wurde. Später trat er zurück und verließ Ägypten, nachdem er gegen die Auflösung der Sitzblockaden von Rabia und Nahda war. Auch diese Partei hatte keine breite Basis im Volk. Was den Tayar al-Sha‘bi betrifft, der von Hamdin Sabahi geführt wurde, so hat er nur sechs Parlamentssitze erringen können und hat sich, auch wenn er sich Tayar (Strömung) nennt, keinesfalls als die reißende Strömung erwiesen, auch nicht im Volk selbst. Dass der Vorsitzende Sabahi fast fünf Millionen Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen 2012 errreichen konnte, ist kein Beweis für eine reißende Popularität, die ihn zur Mobilisierung der Straße geführt hätte. Eine große Anzahl der Wähler, die ihm ihre Stimme gab, sah in ihm eine mögliche Alternative zu dem Muslimbrüder-Kandidaten Muhammad Mursi und zum Kandidaten des alten Regimes Ahmad Shafiq. Dass er sich auf die Seite al-Sisis stellte und früh die Unterstützung der Kandidatur al-Sisis als Präsident ankündigte und dann wieder zurücknahm, wird als politischer Fehltritt gewertet und kostete ihn seine Popularität. Die übrigen Parteien, die sich der Heilsfront angeschlossen hatten, sind als Parteien und Bewegungen zu betrachten, die nur auf dem Papier existieren, ohne dass sie im politischen Leben wirklich zu spüren waren, wie etwa die Generationspartei, die Ägyptische Partei der Zukunft, die Friedenspartei und andere. Die Heilsfront und ihre Parteien verschwanden dann spurlos, nachdem sie ihre Rolle erfüllt hatten. Es gab für sie keinen Platz mehr, außer für die Wafd- und die Verfassungspartei und für die Partei der Freien Ägypter, um die hässliche Fratze des Regimes zu überschminken, das keinen Platz zulässt für wirkliche Opposition.

4. Die Bewegung des 6. April

Trotz des großen Einflusses, den diese Bewegung darauf hatte, die ägyptische Straße gegen Mubarak aufzustacheln, besonders im Zuge der Ereignisse des 25. Januar, wurde diese Bewegung von Spaltung und Zersplitterung heimgesucht. Das geschah insbesondere nach den Vorwürfen seitens des Militärrates, diese Bewegung würde das Volk gegen die Armee aufstacheln sowie Gelder und Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Sie spaltete sich in die sogenannte Front des Ahmad Maher und in die Demokratische Front. Die Bewegung stellte sich hinter den Putsch des damaligen Verteidigungsministers al-Sisi gegen die zivile Regierung, was diese Bewegung eigentlich forderte. Und sie beharrte darauf, den Putsch, nicht als solchen zu benennen und auch nicht als einen Schlag gegen die zivile Regierung. Damit verlor die Bewegung ihren revolutionären Charakter, derer sie sich vorher erfreute. Das hat diese Bewegung noch tiefer gespalten und das Tempo der Austritte erhöht. Und daher zählte man auch nicht mehr besonders auf sie in der folgenden Phase, in der die Putschisten einen Antrieb aus dem Volk brauchten, das alles akzeptieren sollte, was man ihm als Rechtfertigung bot. Dieser Bewegung wird es nicht gelingen, ihre Unterstützer zur Verteidigung einer Militärregierung zu animieren, die mit eiserner Hand regiert.

Wenn wir von den Parteien, Strömungen und Bewegungen, die den Putsch unterstützen zu den Einzelpersonen und den öffentlichen Personen übergehen, die die Ereignisse des 30. Juni besingen und die den Putsch als Revolution oder als „revolutionäre Bewegung, die die Revolution des 25. Januar vervollständigt“ bezeichnen, so lassen sich keine besonders prominenten Persönlichkeiten aus den Intellektuellen und Denkern finden. Vielmehr sehen wir eine Armee aus gekauften, unsteten Medienleuten, die alles verkaufen für ein kleines Stück Diesseits. Daneben gibt es eine ganze Schar aus Künstlern und Künstlerinnen, Sängern und Sängerinnen, Tänzern und Tänzerinnen, die als Abschaum zu bezeichnen sind. Deren frühere Haltung zur Revolution des 25. Januar ist bekannt. Nach dem Erfolg der Revolution, verwandelten sie sich mit einem Wimpernschlag zu Revolutionären! Und sie sind, wie gesagt, Abschaum, auf die man wohl nicht besonders viel setzt, um die der Säulen des Putsches zu stabilisieren. Obwohl wir nach außen hin bei vielen Menschen eine Befürwortung für Sisi sehen, scheint es uns, dass die Stütze für diesen Putsch keine wirkliche Stütze aus dem Volk ist, sondern eher eine amerikanische Stütze.

Zweifelsohne fehlt es der Straße an einer bewussten Führung, die die dortige Bewegung lenkt, nicht nur um die Putschisten und ihr Projekt zu stürzen, sondern um die Straße intellektuell und politisch anzuführen. Es muss eine Führung sein, die sich des Islam als Lebensordnung bewusst ist, indem ein starker Staat errichtet wird; ein Staat, der die Interessen der Menschen auf korrekte Weise wahrnimmt und die Menschen führt, damit aus ihnen wahrhaftig die beste Umma wird, die je den Menschen hervorgebracht wurde. Dieser Staat wird aus sich selbst heraus die Weltmacht Nummer eins in der Welt werden und die amerikanische Hegemonie in Ägypten und anderswo in den muslimischen Ländern zu Fall bringen. Für die Menschen gibt es niemanden außer Hizb-ut-Tahrir. Er ist es, der eine solche Führung besitzt und der ein vollständiges politisches Projekt besitzt, das zur Umsetzung bereitsteht.

Geschrieben für das zentrale Medienbüro von Hizb-ut-Tahrir
Hamed Abdulaziz
 
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