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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Der Verkauf der Früchte auf den Bäumen

An Shifan AbdulHamid

Frage:

Unser geehrter Sheikh und Ameer, Assalaamu alaykum wa rahmautllahi wa barakatuhu,

in unserem Land ist es üblich, Erntefrüchte auf den Bäumen zu verkaufen, bevor die Ernte beginnt. Beispielsweise wird mit Gewürznelken, Pfeffer, Kokosnüssen usw. auf diese Art verfahren. Der Grundbesitzer pflanzt und bewässert die Bäume und kümmert sich um ihre Bestäubung um den Ertrag zu vergrößern. Sobald die Früchte entstehen bzw. zum Vorschein kommen, werden sie zu einem Pauschalpreis verkauft, sodass der Käufer die Früchte ernten und sie nach Belieben verwenden kann. Der Käufer zahlt vor der Ernte dem Verkäufer bzw. dem Landbesitzer den vereinbarten Betrag. Sobald der Handel beschlossen bzw. der Kaufpreis festgelegt wurde, ist der Verkäufer nicht mehr für die Früchte verantwortlich. Der Käufer kann die Früchte sofort ernten, oder er wartet mit der Ernte bis zu einem für ihn passenden Zeitpunkt. Jedenfalls ist er für den Schutz der Früchte (vor Tieren, Dieben etc.) verantwortlich. Ist diese Art des Handels im Islam zulässig? Möge Allah (t) dich segnen und der Ummah unter deiner Führung den Sieg verleihen.

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Aus deiner Fragestellung verstehe ich, dass du dich nach dem Verkauf der Erntefrüchte auf den Bäumen erkundigst. Beispiel dafür ist der Fall, dass ein Mann zu einem Plantagenbesitzer kommt und sagt: „Ich möchte dir die Ernte dieser Feigenbäume für die ganze Saison abkaufen. Die Früchte auf den Bäumen würden alle mir gehören, ich esse davon und verkaufe sie, bis die Erntesaison beendet ist und es keine Früchte mehr gibt.“ Sie einigen sich darauf, wobei ein bestimmter Geldbetrag als Gegenleistung bezahlt wird. Nun fragst du, ob so etwas erlaubt sei.

Wenn mein Verständnis der Frage richtig ist, dann lautet die Antwort wie folgt:

Es stimmt, dass diese Geschäftstätigkeit in mehreren islamischen Ländern verbreitet ist. In der islamischen Rechtswissenschaft wird sie als „Verkauf der Früchte auf ihren Stämmen“ bezeichnet. Allgemein ist sie als „Erntevorverkauf“ (ḍamān aš-šağar) bekannt. Diese Geschäftspraxis ist erlaubt, aber unter der Bedingung, dass die Reife der Früchte erkennbar ist, auch wenn noch nicht alle Früchte reif geworden sind, da Baumfrüchte nicht alle auf einmal reifen. Ich zitiere dir dazu einige Belege und Ausführungen aus dem Kapitel„Der Verkauf von Früchten auf den Stämmen“ in unserem Buch „Die islamische Persönlichkeit Teil 2“:

„Für den Rechtsspruch bei dieser Art von Gewähr, nämlich den Kauf der bereits vorhandenen, aber auf den Bäumen noch hängenden Früchte, gilt im Detail: Die Früchte müssen untersucht werden; ist ihre Reife sichtbar geworden, kann also davon gegessen werden, so ist eine Gewährleistung, d. h. ein Verkauf der Früchte, in diesem Falle zulässig. Sind hingegen die Früchte noch nicht reif geworden, beginnen sie also noch nicht, essbar zu werden, so ist deren Verkauf unzulässig. Dies geht aus dem folgenden Bericht bei Muslim von Ğābir hervor, möge Allah Wohlgefallen mit ihm haben, der sagte:

«نهى رسول الله eعن بيع الثمر حتى يطيب»

Der Gesandte Allahs (s) untersagte den Verkauf der Früchte, bis sie schmackhaft werden. Des Weiteren berichtet Muslim von Ğābir, der sprach:

«نهى رسول الله e... وعن بيع الثمر حتى يبدو صلاحه»

Der Gesandte Allahs (s) untersagte (...) auch den Verkauf der Früchte, bis deren Reife sichtbar wird. Zudem berichtet al-Buḫārī von Ğābir, der sagte:

«نهى النبي e عن أن تباع الثمرة حتى تشقح، قيل ما تشقح، قال: تحمار وتصفار ويؤكل منها»

Der Prophet (s) untersagte den Verkauf der Frucht, bis sie sich färbt (tušaqqiḥ). Man fragte: „Was bedeutet tušaqqiḥ?“ Er antwortete: „Dass sie sich rot und gelb zu färben beginnt und davon gegessen werden kann.“ Ebenso berichtet al-Buḫārī über Anas ibn Mālik vom Propheten (s),

«أنه نهى عن بيع الثمرة حتى يبدو صلاحها، وعن النخل حتى يزهو، قيل: وما يزهو؟ قال: يحمار أو يصفار»

dass er (s) den Verkauf der Frucht untersagte, bis ihre Reife sichtbar wird, und den Verkauf der Palmen(-datteln), bis sie sich färben (yazhū). Man fragte: „Und was bedeutet yazhū?“ Er antwortete: „Dass sie sich rot oder gelb zu färben beginnen.“ Des Weiteren berichtet al-Buḫārī von Anas,

«إن رسول الله e نهى عن بيع الثمار حتى تُزْهي، فقيل له: وما تُزْهي؟ قال: حتى تحمر. فقال رسول الله e: أرأيت إذا منع الله الثمرة بم يأخذ أحدكم مال أخيه»

dass der Gesandte Allahs (s) den Verkauf der Früchte untersagte, bis sie sich färben (tuzhī). Man fragte ihn: „Und was bedeutet tuzhī?“ Er antwortete: „Dass sie rot werden.“ Dann sprach der Gesandte Allahs (s): „Siehe, wenn Allah die Frucht verhindert, mit welchem Recht nimmt dann jemand von euch das Geld seines Bruders?“ Auch berichtet al-Buḫārī von ʿAbdullāh ibn ʿUmar, dass der Gesandte Allahs (s),

«نهى عن بيع الثمار حتى يبدو صلاحها، نهى البائع والمبتاع»

den Verkauf der Früchte untersagte, bis ihre Reife sichtbar wird. Er untersagte es dem Verkäufer und dem Käufer. Und in einer Tradierung des Hadithes bei Muslim heißt es:

«نهى عن بيع النخل حتى يزهو، وعن السنبل حتى يبيض ويأمن العاهة»

Er (s) untersagte den Verkauf der Palmen(-datteln), bis sie sich färben, und der Ähren, bis sie hell werden und vor Erkrankung sicher sind. All diese Hadithe sind klar in der Untersagung des Verkaufs der Früchte vor deren Reife. Der Wortlaut der Hadithe (manṭūq) belegt klar, dass der Früchteverkauf vor dem Sichtbarwerden der Reife untersagt ist. Und aus ihrem Sinngehalt (mafhūm) ist im Umkehrschluss zu verstehen, dass der Verkauf der Früchte zulässig ist, sobald deren Reife sichtbar wird. Demzufolge ist der vorgezogene Erntekauf für Bäume, deren Frucht sichtbar geworden ist – wie bei Oliven, Zitronen, Datteln und anderen Früchten -, erlaubt, sobald die Frucht, essbar zu werden beginnt. Hat ihre Essbarkeit noch nicht begonnen, ist der Erntekauf unzulässig.

Dass das Sichtbarwerden der Fruchtreife an der Essbarkeit gemessen wird, versteht man aus den dazu ergangenen Hadithen. So erkennt man bei genauer Untersuchung der Hadithe, die den Verkauf der Früchte vor deren Reife untersagen, dass sie mehrere Erklärungen beinhalten. Im Hadith von Ğābir wird z. B. erwähnt:

«حتى يبدو صلاحه»

[…] bis ihre Reife sichtbar wird (yabdū ṣalāḥuh). Auch ist die Formulierung ergangen:

«حتى يطيب»

[…] bis sie schmackhaft werden (yaṭīb). Und im Hadith von Anas heißt es:

«نهى عن بيع العنب حتى يسودّ، وعن بيع الحب حتى يشتد»

Er (der Prophet) untersagte den Verkauf von Trauben, bis sie dunkel werden, und von Getreide, bis es fest geworden ist. Bei Abū Dāwūd tradiert. In einem anderen Hadith von Ğābir sagte der Prophet (s):

«حتى تشقح»

[…] bis sie sich färbt (tušaqqiḥ). Und im Hadith von ibn ʿAbbās heißt es:

«حتى يطعم»

[…] bis sie essbar werden (yaṭʿam). Somit münden alle Hadithe in eine Bedeutung, nämlich die, dass die Frucht essbar zu werden beginnt.

Bei Untersuchung der Realität der Früchte erkennt man, dass der Beginn ihrer Essbarkeit sich nach Fruchtart unterscheidet. Einige Arten beginnen essbar zu werden, sobald sich ihre Farbe in einer deutlichen Weise verändert, die auf ihre Reife hinweist, wie z. B. bei Datteln, Feigen, Trauben, Birnen und Ähnlichem. Bei manchen Arten erkennt man die Reife durch das Wenden der Frucht und deren Inspektion durch Kenner, wie z. B. bei Wassermelonen, weil die Feststellung ihrer Reife durch Farbveränderung schwierig ist. Im Falle anderer Arten wiederum erkennt man die Essbarkeit am Umwandlungsbeginn der Blüte in eine Frucht, wie bei Gurken, Kürbisgewächsen und Ähnlichem. Demzufolge ist mit dem Sichtbarwerden der Reife bei allen Früchten das Sichtbarwerden ihrer Essbarkeit gemeint. Belegt wird dies durch den folgenden Bericht bei Muslim von ibn ʿAbbās, der sagte:

«نهى رسول الله e عن بيع النخل حتى يأكل منه أو يؤكل»

Der Gesandte Allahs (s) untersagte den Verkauf von Palmen(-datteln), bis man davon isst oder sie essbar geworden sind. Auch belegt es der folgende übereinstimmend tradierte Hadith von Ğābir:

«حتى يطيب»

bis sie schmackhaft werden (yaṭīb). Daraus wird klar, dass der Vorverkauf - d. h., die Gewährleistung - von Kürbisgewächsen, Gurken und Ähnlichem erlaubt ist, sobald die Frucht sich zu bilden beginnt, mit anderen Worten, sobald sich die Blüte in eine Gurke zu verwandeln beginnt. Es kann also die Frucht verkauft werden, obwohl sie noch im Zustand der Blüte ist und sich noch nicht ausgebildet hat. D. h., die Frucht wird verkauft, noch bevor sie wirklich vorhanden ist, sobald sich etwas von ihr gezeigt hat.

Das fällt nicht in die Kategorie des Verkaufs einer Sache, die nicht existent ist, denn die Früchte folgen bei dieser Pflanzenart aufeinander und sind nicht auf einmal vorhanden. In diesem Falle kann die Frucht aller Gurkengewächse der ganzen Saison verkauft werden - was davon vorhanden ist und was noch nicht zu sprießen begonnen hat. Es existiert nämlich kein Unterschied zwischen dem Sichtbarwerden der Reife bei Datteln durch Rötung, bei Trauben durch Schwärzung, bei Birnen durch Verfärbung und dem Sichtbarwerden der Reife durch das Sprießen eines Teils der Früchte und dem aufeinanderfolgenden Keimen des anderen Teils.

Dies ist jedoch nicht bei Pflanzenarten zulässig, bei denen die Verwandlung der Blüten in Früchte kein Indiz für die Reife ist, wie z. B. bei Wassermelonen. So ist es nicht erlaubt, die Mandeln zu verkaufen, wenn sie noch in Blüte stehen, oder die Feigen, wenn sie ansetzen, bevor deren Reife beginnt. Mit dem Verkauf ist hier der Verkauf der Früchte auf den Bäumen gemeint, d. h., die Gewährleistung des Baumertrages. Denn der Verkauf der Früchte, wenn sie sich noch auf den Bäumen befinden, ist an das Sichtbarwerden ihrer Reife geknüpft, d. h. an das Sichtbarwerden von Indizien, die den Reifungsbeginn der Früchte belegen

Mit dem Sichtbarwerden der Reife ist nicht die Reife aller Früchte gemeint, da dies unmöglich ist. Denn die Frucht reift Stück für Stück, oder es reifen einige und die restlichen Früchte folgen aufeinander. Mit dem Sichtbarwerden der Fruchtreife ist weder ihr separates Sichtbarwerden in jedem Obstgarten gemeint noch ihr Sichtbarwerden in allen Gärten. Vielmehr ist mit dem Sichtbarwerden der Reife die Reife der jeweiligen Fruchtart gemeint, unter der Voraussetzung, dass es zwischen den verschiedenen Sorten derselben Art keine Unterschiede im Reifungsprozess gibt, wie z. B. bei Oliven.

Unterscheidet sich jedoch der Reifungsprozess bei den einzelnen Sorten, wie es bei den unterschiedlichen Feigen- und Traubensorten der Fall ist, so gilt als Kriterium das Sichtbarwerden der Reife der einen Sorte. Wenn also die Reife einiger Dattelfrüchte in einem Dattelgarten sichtbar wird, so dürfen alle Datteln in sämtlichen Gärten verkauft werden. Auch wenn die Reife einer Apfelsorte auf einigen Bäumen sichtbar wird, darf diese Apfelsorte in allen Gärten verkauft werden. Ebenso ist es zulässig, eine Gewähr für die Oliven in sämtlichen Olivengärten abzugeben, sobald die Olivenreife auf Bäumen eines der Gärten sichtbar wird. Denn der Hadith besagt:

«نهى عن بيع النخل حتى يزهو وعن السنبل حتى يبيض ويأمن العاهة»

Er (s) untersagte den Verkauf der Palmen(-datteln), bis sie sich färben, und der Ähren, bis sie weiß werden und vor Erkrankung sicher sind. Und ein weiterer Hadith besagt:

«نهى عن بيع العنب حتى يسود، وعن بيع الحب حتى يشتد»

Er (der Prophet) untersagte den Verkauf von Trauben, bis sie dunkel werden, und von Getreide, bis es fest wird. So hat der Prophet (s) den Rechtsspruch für jede Fruchtart und jede Fruchtsorte dargelegt. Bei Getreidekörnern sagte er: bis es fest wird, und bei dunklen Trauben: bis sie dunkel werden. Der Rechtsspruch ist demnach mit der Reife der jeweiligen Fruchtart verknüpft, ganz abgesehen von den anderen Arten, und ebenso mit der Reife der jeweiligen Fruchtsorte; ungeachtet der anderen Sorten. Zudem trifft die im Hadith verwendete Formulierung des „Sichtbarwerdens der Reife“ (budū aṣ-ṣalāḥ) auch auf einen Teil der jeweiligen Fruchtart bzw. Fruchtsorte zu - mag dieser noch so klein sein. Darüber hinaus ist aus der Realität der Früchte zu erkennen, dass sie aufeinanderfolgend sprießen.

Daraus wird klar, dass es unzulässig ist, den Ertrag irgendeines Baumes zu gewährleisten (ḍamān), d. h., dessen Frucht zu verkaufen, bevor die Reife der Frucht sichtbar wird.“

Ich hoffe, dass die Antwort klargeworden ist.

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta

17. Ğumādā l-Ūlā 1438 n. H.

14.02.2017

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